Panorama

ESBL setzt Antibiotika schachmatt Neuer resistenter Keim jetzt auch in Wurst

ESBL steht für eine Gruppe von Bakterien, die einen Stoff bilden, der Antibiotika weitgehend unwirksam macht. Vor wenigen Jahren wurden ESBL erstmals in Krankenhäusern nachgewiesen. Jetzt haben sie die Nahrungskette erreicht.

In mehreren Wurstprodukten aus Supermärkten sind in einer Stichprobe für die Grünen-Bundestagsfraktion problematische Keime gefunden worden. In 10 von 63 Proben wurden ESBL-Bakterien nachgewiesen, wie die Studie ergab. Diese Keime produzieren Enzyme, die sie gegen Antibiotika resistent machen.

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Wer sich einen ESBL einfängt, könnte im Zweifelsfall nicht mehr durch Antibiotika geheilt werden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte in diesem Zusammenhang das System der Tiermast. "Mit den Produktionsmethoden beim Billigfleisch gefährden wir unsere eigene Gesundheit." Kritiker warnen, dass ESBL-Keime beim Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung ins Fleisch gelangen können.

Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff forderte, die Branche müsse die Haltungsbedingungen vor allem bei Puten verbessern. Einseitige Zucht auf Hochleistung müsse revidiert werden. "Nur so können die Antibiotika-Gaben deutlich verringert werden."

Unmittelbare Gesundheitsgefahr

Für die Stichprobe im Auftrag der Grünen-Fraktion wurden Ende April/Anfang Mai Wurstsorten in 13 Städten getestet, nämlich in Berlin, Potsdam, Leipzig, Erfurt, Wiesbaden, Mainz, Saarbrücken, Düsseldorf, Dortmund, Münster, Hannover, Hamburg und Kiel. Getestet wurden Mett, Teewurst, Salami und Schinken. Das sind Wurstsorten, die bei der Herstellung weder erhitzt noch gebrüht werden.

Auffällig waren den Angaben zufolge besonders Putenprodukte, bei denen in sechs von neun Fällen ESBL-Keime nachgewiesen wurden. Diese für den direkten Verzehr gedachten Lebensmittel stellen somit eine unmittelbare Gesundheitsgefahr für den Verbraucher dar.

Wer diese Produkte verzehrt, muss damit rechnen, mit ESBL-bildenden Bakterien belastet zu werden. Im Fall einer Erkrankung ist diese aufgrund der Antibiotika-Resistenz schwerer zu behandeln. Vor allem für Kinder, ältere Menschen und chronisch Kranke besteht damit ein besonders hohes Risiko.

Um den Antibiotika-Einsatz in der Tiermast einzudämmen, gelten seit 1. April neue Meldepflichten und strengere Vorgaben. Tierhalter müssen Anwendungen bei Schweinen, Hühnern, Puten und Rindern künftig alle sechs Monate amtlich melden. Die Daten werden bundesweit erfasst und bewertet. Behörden können Prüfungen und Gegenmaßnahmen anordnen. Antibiotika sollen generell so selten wie möglich verwendet werden, um zu verhindern, dass sie auch bei Menschen nicht mehr wirken.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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