Panorama

Fälle in Regensburg, viele Italiener Organskandal weitet sich aus

"Human Organ - For Transplant" - überall auf der Welt wird für Organtransplantationen geworben. Denn es gibt viel zu wenig Spender.

"Human Organ - For Transplant" - überall auf der Welt wird für Organtransplantationen geworben. Denn es gibt viel zu wenig Spender.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Göttinger Organspendeskandal nimmt immer groteskere Züge an. Vermutlich manipulierte einer der beiden Ärzte auch am Klinikum in Regensburg Patientenakten. Zudem fällt auf, dass ungewöhnlich viele Italiener unter den Organempfängern waren. Das wiederum weist darauf hin, dass es einen dritten Täter gegeben haben könnte.

Neben den Manipulationsvorwürfen gegen zwei Mediziner der Göttinger Uniklinik beschäftigt die Staatsanwaltschaft nun auch eine auffällige Häufung italienischer Organspende-Patienten. Zwischen 1995 und 1999 habe es bei 99 Lebertransplantationen 23 Patienten mit Wohnsitz in Italien gegeben, teilte ein Sprecher des Klinikums mit. Ob es dabei aus rechtlicher Sicht zu Regelverstößen gekommen sei, müsse geprüft werden. Die Klinik wolle nun neben der Aufarbeitung der aktuellen Verdachtsfälle seit 2008 auch die Lebertransplantationen der frühen 90er Jahre prüfen.

Organspenden sind eine blutige Angelegenheit. Durch den Göttinger Skandal gleich im doppelten Sinne.

Organspenden sind eine blutige Angelegenheit. Durch den Göttinger Skandal gleich im doppelten Sinne.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Wir werden wie bei den 23 Verdachtsfällen sehen müssen, ob es Manipulationen gegeben hat", sagte Staatsanwältin Serena Stamer. Die Fälle aus den 90er Jahren würden in die Ermittlungen einbezogen, wobei sich zeigen müsse, ob der Vorwurf der Bestechlichkeit erhoben werden könne.

Wie der Kliniksprecher erklärte, hat es für Transplantationen bei ausländischen Patienten vor 2005 weniger strenge Regeln gegeben. Die Zuteilung von Spenderorganen auf Grundlage von Laborwerten der Patienten sei erst 2006 eingeführt worden. Wie Stamer sagte, stellt sich deshalb für die Justiz die Frage, ob eine Bevorzugung damals durch Manipulationen möglich war.

Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Staatsanwältin Medienberichte über einen dritten Mediziner nicht kommentieren, der in den 90er Jahren auffällig viele italienische Patienten gehabt haben soll. Sie sollen ihm von einem der beiden verdächtigten Ärzte vermittelt worden sein. Dieser Arzt soll heute in den USA arbeiten.

Bislang standen nur zwei Ärzte im Verdacht, 23 Patienten in den Jahren 2010 und 2011 mit manipulierten Daten auf der Warteliste für Spenderorgane nach oben gemogelt und ihnen damit eine schnellere Transplantation ermöglicht zu haben.

Schlug der Arzt auch in Regensburg zu?

Jüngst stellte sich auch heraus, dass einer der Ärzte womöglich nicht nur in Göttingen sein Unwesen trieb. Am Regensburger Uniklinikum, wo der Mann zuvor gearbeitet hatte, besteht nach Angaben des bayerischen Wissenschaftsministeriums in 23 Fällen der Verdacht auf Manipulationen von Krankendaten bei Lebertransplantationen. Die Verdachtsfälle liegen im Zeitraum zwischen 2004 und 2006, als der Arzt in Regensburg tätig war. "Diese 23 Fälle sind überhaupt noch nicht bekannt gewesen", hieß es vom zuständigen Ministerium. Der Vorgang sei bereits der Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Am Donnerstag soll es ein Treffen zwischen Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch von der FDP und der Klinikleitung geben. Heubisch sagte nach Angaben seines Ministeriums: "Wir müssen diese Vorfälle schnell und umfassend aufklären." Nach Bekanntwerden eines möglichen Organhandels hatte der Minister die internen Regularien an den bayerischen Transplantationszentren prüfen lassen.

Der Arzt, der seit November vom Dienst suspendiert ist, hatte frühere Vorwürfe nach Klinikangaben bestritten.

Experten: Neues Transplantationsgesetz reicht nicht

Experten sind sich derweil sicher, dass nur ein schärferes Transplantationsgesetz derartigen Missbrauch künftig verhindern kann. Das neue Transplantationsgesetz, das mit dem Monatswechsel in Kraft getreten ist, reiche nicht aus. Kritiker fordern mehr Kontrolle.

Mit dem neuen Transplantationsgesetz werden unter anderem die rund 1400 Kliniken mit Intensivstationen, die für Organtransplantationen infrage kommen, verpflichtet, einen Transplantationsbeauftragten zu berufen.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hob im RBB hervor, mit dem neuen Transplantationsgesetz würden die Abläufe bei Organtransplantationen künftig besser dokumentiert und damit kontrollierbarer.

Der Ärzteverband Marburger Bund drängt dagegen auf eine weiterreichende Reform des Transplantationsgesetzes, um einen Skandal wie in Göttingen in Zukunft zu verhindern. Der Vorsitzende Rudolf Henke sprach sich im NDR für ein Mehraugen-Prinzip aus. Statt wie bisher nur ein Arzt sollten künftig mehrere Mediziner die Daten eines potenziellen Organempfängers gegenzeichnen, um Missbrauch zu verhindern.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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