"Nach absteigendem Lebensalter" STIKO empfiehlt Booster ab 18 Jahren
18.11.2021, 11:29 Uhr
STIKO-Chef Thomas Mertens hatte zuletzt eine schnelle Entscheidung zu einer neuen Impfempfehlung angekündigt.
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Die Ständige Impfkommission empfiehlt allen Erwachsenen eine generelle Corona-Auffrischungsimpfung. Ein entsprechender Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, daher seien Änderungen noch möglich.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) spricht sich für Corona-Auffrischimpfungen für alle Menschen ab 18 Jahren aus. Das teilte das Gremium in Berlin mit. Die Impfung solle mit einem sogenannten mRNA-Impfstoff und im Regelfall sechs Monate nach Abschluss der Grundimmunisierung erfolgen, im Einzelfall könne sie auch bereits nach fünf Monaten erwogen werden. Ein entsprechender Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, daher seien Änderungen noch möglich. Es handelt sich noch nicht um eine finale STIKO-Empfehlung.
Trotz der allgemeinen Empfehlung sei es sinnvoll, "so weit wie möglich nach absteigendem Lebensalter vorzugehen", hatte STIKO-Chef Mertens verkündet. "Bereits jetzt führen die schweren Covid-19-Erkrankungen zu einer besorgniserregenden hohen Belastung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten", erklärte die STIKO. Zugleich bekräftigte sie, dass trotz genereller Empfehlung weiter bevorzugt besonders gefährdete Menschen eine Auffrischungsimpfung erhalten sollten. Dazu gehörten Menschen über 70 Jahren, Bewohner von Pflegeheimen, Menschen mit krankheitsbedingter Immunschwäche sowie Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich. Im Rahmen der Impfkampagne gegen die Pandemie sollten zudem weiterhin "vordringlich" Ungeimpfte immunisiert werden, die noch keinen vollen Grundimpfschutz hätten.
Die STIKO dämpfte jedoch Hoffnungen auf allzu schnelle Effekte: "Die epidemiologische Auswirkung durch eine verminderte Transmission wird erst bei hohen Impfquoten bei Auffrischimpfungen deutlich wirksam werden", schreibt sie. Bisher haben in Deutschland 5,7 Prozent der Bevölkerung eine Auffrischimpfung erhalten, bei den Menschen ab 60 Jahren sind es 13,8 Prozent.
Der Schutz vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 lässt bei Geimpften mit der Zeit nach, das zeigen Studien. Der Schutz vor schwerer Erkrankung lässt insbesondere bei älteren oder vorerkrankten Menschen nach. Mit einer Auffrischung lässt sich der Schutz wieder merklich verbessern. Ein Schema mit drei Impfstoffdosen ist auch von anderen Impfungen bekannt.
"Hätten sich mehr beeilen können"
Die bisherige Beschränkung der Empfehlung war vielfach auf Kritik gestoßen. Die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder hatten das Boostern schon länger für alle Erwachsenen empfohlen. So hatte der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, zuletzt mehr Tempo bei Entscheidungen von der STIKO gefordert. Die leiste zwar prinzipiell sehr gute Arbeit, "aber sie hätte sich auch ein bisschen mehr beeilen können", sagte Montgomery dem Fernsehsender Phoenix.
"Man muss manchmal auch von seinem wissenschaftlichen Pferd heruntersteigen, um schnell der Bevölkerung zu helfen." Ständig sei man gegenüber anderen Ländern wie Israel, den USA und England im Hintertreffen und vollziehe die dort getroffenen Entscheidungen mit etlicher Verzögerung, sagte Montgomery. "Darüber muss die STIKO nachdenken, ob sie nicht ein schnelleres Verfahren findet, denn die anderen Länder machen es uns vor - und führen uns vor." Mertens hatte am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" eine Änderung der geltenden Empfehlung von Booster-Impfungen nur für Ältere und Risikogruppen angekündigt. "Das wird nicht lange dauern", sicherte Mertens zügige Beratungen zu.
Einige Ärztevertreter und Patientenschützer äußerten sich allerdings kritisch zur Freigabe des Boosterns für alle Erwachsenen. "Vor allem bei weniger gefährdeten jüngeren gesunden Menschen ist es nach den bisherigen medizinischen Erkenntnissen nicht erforderlich, auf den Tag genau nach sechs Monaten eine Booster-Impfung durchzuführen", sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, der Funke Mediengruppe. Sie seien auch danach vor schweren Krankheitsverläufen geschützt. Zudem dürften Booster-Impfungen womöglich schon deutlich vor der Sechsmonatsfrist nicht "zulasten von vulnerablen Patienten erfolgen".
Mertens bemühte sich, diese Diskrepanz herunterzuspielen. Da Ältere und Vorerkrankte zuerst geimpft worden seien, würden sie mit der Sechsmonatsregel auch zuerst aufgefrischt. Ein Gegensatz zwischen der STIKO-Empfehlung und den politischen Aussagen sei daher "eigentlich gar nicht gegeben", sagte der STIKO-Vorsitzende.
Quelle: ntv.de, ter/dpa