Kampf dem Straßenkaries Schlaglöcher immer gefährlicher
06.01.2011, 12:40 UhrDer Schlaglochbeauftragte des Autoclub Europa bekommt in diesem Jahr viel zu tun. Überall auf Deutschlands Straßen klaffen schwarze Löcher im Asphalt. Und die werden immer tiefer und gefährlicher. Autofahrer können jetzt dem ACE die nervendsten Straßenschäden auf ihrer täglichen Route melden.

Der harte Winter hat vielen Straßen stark zugesetzt. Bis zum Frühjahr wird mit einem Schlagloch-Rekord auf deutschen Straßen gerechnet.
(Foto: dpa)
Bislang deckte der Schnee auf Deutschlands Straßen gnädig zu, was auch ein ungepflegtes Gebiss auszeichnet: tiefe schwarze Löcher. Doch mit dem nun einsetzenden Tauwetter löst sich vom Frost zerbrochener Asphalt und macht offenbar, was Harald Kraus "Straßenkaries" nennt. Davon sind die 630.000 Straßenkilometer in Deutschland mehr denn je befallen, sagt er. Kraus muss es wissen: Er ist der Schlaglochbeauftragte des Autoclub Europa (ACE) in Stuttgart und leitet Meldungen von Autofahrern über besonders üble Löcher an Straßenmeistereien weiter.
Die Schlaglöcher werden Kraus zufolge bundesweit von der Küste bis nach Bayern immer mehr, größer und gefährlicher. Sie können mittlerweile nicht nur Felgen, Stoßdämpfer oder Lenkgestänge ruinieren: "Ein Schlagloch auf der Autobahn 6 bei der Raststätte Hohenlohe führte unlängst an einem Auto zum Achsbruch. Der Fahrer kam mit dem Schrecken davon", sagt Kraus.
Kein Geld für Sanierungen
Die Straßenmeistereien stopfen inzwischen manche Löcher mit billigem Kaltasphalt, der ähnlich einer provisorischen Plombe im Backenzahn bei der nächsten größeren Belastung wieder zerbröselt. Wegen der leeren Kassen fehlt vor allem den Kommunen, die für 65 Prozent des Straßennetzes verantwortlich sind, das Geld für grundlegende Sanierungen.
Die rund 2,5 Milliarden Euro, die laut ACE dafür inzwischen nötig sind, wären als Konjunkturspritze gut angelegt. Laut einer Studie der Universität Münster bringen eine Milliarde Euro für die Straßeninfrastruktur einen volkswirtschaftlichen Jahresnutzen von 173 Millionen Euro. Die Investitionen hätten sich damit bald amortisiert und könnten bis zu 18.000 Arbeitsplätze schaffen. Könnten: Der ACE geht nach Umfragen davon aus, dass mittlerweile 68 Prozent der Kommunen ihre Mittel für die Straßenunterhaltung strecken wollen. Doch "Schlaglöcher sind wie Finanzlöcher. Sie werden größer, wenn nichts dagegen getan wird", warnt ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner.
Autofahrer bleiben auf Schäden häufig sitzen
Zumindest vorbeugend könnten Kommunen tätig werden und etwa die Verlegung von Gas-, Wasser- und Telefonleitungen koordinieren, damit Straßen nicht zu Flickenteppichen degenerieren. Solch ein Management kann viel bringen, wie das Beispiel München laut einer Studie der Hochschule Aachen zeigt. Dort wurden in der Vergangenheit die mehr als 2000 Straßenkilometer der Stadt jährlich an bis zu 20.000 Stellen aufgegraben.
Bund, Länder und Gemeinden könnten zudem gegen den Hauptverursacher der Straßenschäden, den Schwerverkehr, vorgehen und Transporte auf die Schiene drängen. Der Aachener Studie zufolge schädigt ein Lkw mit einer Achslast von zehn Tonnen eine Straße ebenso wie 10.000 Autos mit einer Achslast von einer Tonne.
Derweil bleiben Autobesitzer häufig auf Schlaglochschäden sitzen. Gemeinden, die Warnschilder aufgestellt oder ein Tempolimit erlassen haben, können nicht haftbar gemacht werden. Es sei denn, die Schäden sind überproportional groß und die Straßenbauämter belassen es über längere Zeit bei einem Warnschild, entschieden Gerichte.
Schlaglöcher melden
Clevere Autofahrer können jedoch dem Schlaglochbeauftragten des ACE die nervendsten Löcher auf ihren täglichen Routen melden. Harald Kraus ermittelt dann die zuständige Behörde und bittet um Abhilfe. In 70 Prozent der Fälle mit Erfolg. "Meist werden die Löcher innerhalb weniger Tage provisorisch geflickt, im Westen eher, in den neuen Ländern weniger", sagt er. Etwa sechs Mal am Tag wurde er bislang tätig. Dass diese Zahl mit dem Tauwetter steil nach oben gehen könnte, schreckt ihn nicht. Im Kampf gegen die Straßenkaries gehe es ihm vor allem "um die Sicherheit der Autofahrer", sagt der Schlaglochbeauftragte.
Quelle: ntv.de, Jürgen Oeder, AFP