Prozess in Dachau Schütze ist schuldfähig
21.11.2012, 18:33 Uhr
In einem Krankenbett verfolgt der Angeklagte den Prozess.
(Foto: dpa)
Der Mann, der vor zehn Monaten vor Gericht um sich schoss, ist wohl schuldfähig. Ein Gerichts-Gutachter sagt, er habe daran keinen Zweifel. Der damalige Richter musste nun in den Zeugenstand.
Der Dachauer Todesschütze ist nach Ansicht eines psychiatrischen Gutachters schuldfähig. Er habe "keine Zweifel an der Schuldfähigkeit" des Angeklagten, sagte der Aachener Psychiater Henning Saß vor dem Landgericht München. Der 55 Jahre alte insolvente Transportunternehmer muss sich wegen Mordes vor Gericht verantworten. Er hatte im Januar einen jungen Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau erschossen. Der inzwischen beinamputierte Mann nimmt in einem Krankenbett an dem Mordprozess in München teil.
"Eine krankhafte seelische Störung hat sich nicht finden lassen", sagte Saß. Auch ein Schlaganfall im Jahr 2010 habe keine bleibenden psychischen Schäden verursacht. Voraussichtlich am Donnerstag sollen Staatsanwalt, Nebenklage und Verteidigung ihre Plädoyers halten.
Der 55-Jährige handelte seiner Ansicht nach auch nicht im Affekt, als er im Gerichtssaal das Feuer eröffnete. "Da ist nicht in der Situation etwas über ihn gekommen, sondern er hat es gewollt." Gegen eine Affekt-Tat spreche neben seinem immer wieder formulierten Hass auf die Justiz auch, dass der Angeklagte die Pistole vor der Tat getestet und auch geprüft habe, ob er nach einer Lähmung auch mit der linken Hand schießen könne. Saß bescheinigte dem Angeklagten "fanatisch-querulatorische Züge", "Rechthaberei, Selbstgewissheit und Selbstgerechtigkeit". Er sei sehr egozentrisch. Die Fähigkeit zur Realitätskontrolle sei bei ihm aber nicht beeinträchtigt.
Der damalige Vorsitzende Richter schilderte, wie sich die Szene damals abgespielt hatte. Die Schüsse seien gefallen, als er die Urteilsbegründung verlas, sagte der 36-Jährige. Unmittelbar zuvor war der Angeklagte wegen unbezahlter Sozialversicherungsbeiträge zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von 900 Euro verurteilt worden. Als er die Schüsse hörte, habe er sich unter die Richterbank geduckt, sagte der Richter. Er habe sich erst wieder hoch gewagt, als der Schütze überwältigt worden war. "Er war ein schwieriger Angeklagter", erinnerte er sich nun im Zeugenstand. Immer wieder habe der heute 55-Jährige aufgebracht dazwischen gerufen, wenn Zeugen, Richter oder Staatsanwalt gesprochen hätten.
Quelle: ntv.de, dpa