Panorama

"Gefangen wie eine Fliege im Spinnennetz" Sklavinnen zogen mehrmals um

Was hinter den Türen des Hauses in der Millionenstadt London genau geschah, ist noch völlig unklar.

Was hinter den Türen des Hauses in der Millionenstadt London genau geschah, ist noch völlig unklar.

(Foto: dpa)

Im Londoner Sklaven-Fall kommen immer neue Details ans Licht: So zog das Paar, das die drei Frauen festhielt, offenbar mehrmals um. Hunderte Liebesbriefe des jüngsten Opfers an einen jungen Nachbarn blieben zudem unbeantwortet.

Die drei jahrzehntelang in London wie Sklavinnen gehaltenen Frauen sind offenbar mit ihren beiden Peinigern mehrmals umgezogen. Scotland Yard habe mindestens 13 Adressen in London mit dem Mann aus Indien und seiner tansanischen Frau in Verbindung gebracht, berichteten britische Medien. Mindestens acht Jahre aber müssen sie in ihrer letzten Wohnung im Stadtteil Brixton verbracht haben: Übereinstimmenden Zeitungsberichten zufolge soll das jüngste Opfer während dieser Zeit einem Nachbarn über 500 Liebesbriefe geschrieben haben.

Die heute 30-jährige "Rosie" habe Marius Feneck die Briefe heimlich in den Postkasten gesteckt, wann immer sie ihr Gefängnis für Einkäufe verlassen durfte, berichtete die "Sun". Sie war demnach hoffnungslos verschossen in den heute 26-jährigen Familienvater, den sie in ihren Schreiben immer wieder als "mein Liebling" bezeichnete. In einigen Briefen ging sie aber auch auf ihre Lage ein, berichtete, dass sie sich wie "eine Fliege im Spinnennetz" fühle und von "verrückten, bösen und rassistischen Monstern" festgehalten werde.

Gleichzeitig aber warnte sie den jungen Schweißer davor, etwas zu unternehmen. Feneck selbst sagte der "Sun", er habe die Briefe nicht ernst genommen. Es sei schade, dass er damals nichts gewusst habe, sonst hätte er sicherlich Wege gefunden, um zu helfen.

Viele offene Fragen

Der Fall wirft auch vier Tage nach der Festnahme des Paares viele Fragen auf. Laut Polizei hatten der nach jüngsten Angaben 73-jährige Inder und seine 67-jährige Frau ihre drei Opfer rund 30 Jahre lang in ihrer Gewalt, "Rosie" soll bereits in der Gefangenschaft zur Welt gekommen sein - möglicherweise als Tochter des Inders und eines seiner Opfer, einer inzwischen 57-jährigen Irin. Bei dem dritten Opfer handelt es sich um eine 69 Jahre alte Malaysierin.

Wie es dann dazu gekommen sei, dass die Opfer mehr als 30 Jahre lang eingesperrt worden seien, müsse noch geklärt werden. "Aber wir glauben, dass emotionaler und physischer Missbrauch im Leben aller Opfer eine Rolle spielte", erläuterte der Sprecher. Die Polizei hatte zuvor mitgeteilt, die Frauen hätten eine Art "kontrollierte Freiheit" gehabt. Die Britin habe wahrscheinlich ihr ganzes Leben in Gefangenschaft verbracht, sagte ein Sprecher. Sie habe zwar eine Geburtsurkunde. "Allerdings ist diese das einzige offizielle Dokument, das wir finden konnten."

Der "Guardian" berichtete, möglicherweise hätten die Behörden bereits vor 15 Jahren einen Tipp bekommen, dass das jüngste Opfer - das offenbar trotzdem schreiben kann - damals nicht die Schule besucht habe. Demnach wurde aber nicht eingegriffen, weil die Opfer dies wohl ablehnten.

Paar betrieb Mao-Kult

Das Paar kam in den 1960er Jahren nach Großbritannien. Die drei Frauen soll es sich durch Gewalt und enormen psychischen Druck derart gefügig gemacht haben, dass diese sich selbst beim Verlassen des Hauses wie mit "unsichtbaren Handschellen" an ihre Peiniger gefesselt fühlten.

Die beiden älteren Frauen sollen ihren späteren Peiniger über eine "gemeinsame politische Ideologie" kennengelernt und zunächst in einer Art Kommune mit ihm und seiner Frau gelebt haben. Sie sollen laut Medienberichten Verbindungen zu linksextremen Gruppierungen unterhalten und eine Art Mao-Kult betrieben haben. Sie hätten sich dem Mao-Tsetung-Gedenkzentrum im Stadtteil Brixton angeschlossen. Dort seien sie in den 1970er Jahren gemeinsam mit drei weiteren Aktivisten auch einmal festgenommen worden. Das politisch radikale Zentrum im Londoner Süden war 1978 von den Behörden zwangsgeräumt und geschlossen worden.

Quelle: ntv.de, hah/vpe/AFP/dpa

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