Zur falschen Zeit am falschen Ort Sportreporterin stirbt in Aurora
21.07.2012, 17:11 Uhr
Gedenken an die Opfer: Amerika trauert um die 12 Kinobesucher, die bei dem Massaker von Aurora ums Leben kamen.
(Foto: Reuters/Shannon Stapleton)
Ihre Kollegen sagten Jessica Ghawi eine erfolgreiche Karriere als Sportreporterin voraus. Jetzt kommt die junge Journalistin beim Amoklauf während einer "Batman"-Premiere in Colorado ums Leben. Noch wenige Wochen zuvor hatte sie ein anderes Attentat überlebt - in einem Einkaufszentrum in Toronto.

James Holmes tötete in Aurora 12 Menschen und verletzte Dutzende weitere.
(Foto: Reuters)
Anfang Juni hatte die junge Sportreporterin Jessica Ghawi in einem Einkaufszentrum in Toronto ein "komisches Gefühl" - und entkam nur knapp einer Schießerei, bei der ein Mensch getötet und sieben weitere verletzt wurden. Nur sieben Wochen später ist sie schon wieder zur falschen Zeit am falschen Ort. Am Freitagabend sitzt sie, diesmal ohne böse Vorahnungen, in einem Kinosaal in Aurora im US-Bundesstaat Colorado, um sich den neuen "Batman"-Film anzusehen - und wird von dem Amokläufer James Holmes erschossen.
Ghawi, die sich als Reporterin Jessica Redfield nannte und in einem Sport-Blog über Eishockey schrieb, träumte von einer Karriere beim Fernsehen. Erst kürzlich war sie deshalb aus San Antonio in Texas nach Denver in Colorado umgezogen. Ihr Motto: "Ihr findet mich im TV-Studio, in der NHL-Arena, in der Umkleidekabine, im Flugzeug, oder schreibend."
"Jeder Moment des Lebens ein Segen"
In ihrem Blog beschrieb sie auch ihre Gefühle nach der Schießerei im Eaton's Centre in Toronto, das sie kurz zuvor verlassen hatte, weil ein ungutes Gefühl sie plötzlich ins Freie drängte. Sie könne sich auch im Nachhinein nicht erklären, "wie mich ein komisches Gefühl davor bewahren konnte, mitten in eine tödliche Schießerei zu geraten", schrieb sie wenige Tage später. Ihr sei nun jedoch klar geworden, dass jeder Moment des Lebens ein "Segen" sei.

In den USA löst der Amoklauf eine erneute Debatte über das Waffenrecht aus.
(Foto: dpa)
Die letzten Momente in Ghawis Leben, das am Freitag kurz nach Mitternacht endete, können in einer Reihe von Twitter-Nachrichten nachgelesen werden, die sie kurz vor ihrem Tod verschickte. "Film beginnt erst in 20 Minuten", twitterte sie unmittelbar, bevor der 24-jährige Student James Holmes in den Kinosaal stürmte und um sich schoss. Wenige Stunden zuvor hatte sie sich über den Kurznachrichtendienst noch mit einem Kollegen ausgetauscht, der nicht zu der "Batman"-Premiere wollte, und ihn deshalb scherzhaft als "Verlierer" beschimpft.
Trauer und Bestürzung über Ghawis Tod
Die dramatischen Szenen in dem Kinosaal schildert Ghawis Bruder Jordan später ebenfalls in einem Blog-Eintrag im Internet. Er habe um zwei Uhr nachts in einem "hysterischen und fast unverständlichen" Telefongespräch mit seiner Mutter vom Tod seiner Schwester erfahren. Später habe er dann ihren Freund Brent Lowak erreicht, der zusammen mit Ghawi in der Filmpremiere gesessen hatte.
Ghawi wurde demnach zunächst von einer Kugel am Bein verletzt. Sie schrie. Lowak versuchte, die Blutung zu stoppen und die Freundin zu beruhigen. "Während er noch Erste Hilfe leistete, bemerkte Brent, dass Jessica nicht mehr schrie", schreibt ihr Bruder. Die junge Frau starb an einer zweiten Schussverletzung am Kopf, ihr Freund konnte fliehen.
Ghawis Tod löste bei Freunden und Kollegen Trauer und Bestürzung aus. Die Fernsehjournalistin Natalie Tejeda würdigte sie als "fantastische, lebhafte und resolute Frau" und als "aufstrebende" Sportjournalistin. Ihr Kollege Jesse Spector schreibt, die Welt sei "ohne sie viel schlechter dran".
Quelle: ntv.de, Rob Lever, AFP