Waffen des Karlsruher Geiselmörders Spur führt nach Frankreich
05.07.2012, 11:47 Uhr
Er legt sich ein Waffenarsenal und einen Satz Fesseln zu, vermutlich illegal aus Frankreich. Dann wartet er auf den Gerichtsvollzieher. Der Ablauf der tödlichen Geiselnahme bei einer Zwangsräumung in Karlsruhe lässt auf eine völlig durchdachte Tat schließen. Doch ein Rätsel bleibt trotz etlicher neuer Erkenntnisse: Warum tötete der 53-Jährige auch seine Lebensgefährtin?
Zwei Gewehre, zwei Pistolen und zwei Übungshandgranaten – der Mann, der bei einer Zwangsräumung in Karlsruhe vier Menschen und dann sich selbst tötete, war schwer bewaffnet. Am Tag nach der Tat sucht die Polizei nach der Herkunft seines Mordwerkzeugs.
Nach n-tv-Informationen besaß der 53-Jährige die Waffen illegal. Er hatte keinen Waffenschein. Eine erste Theorie: Die Gewehre stammen aus Frankreich. Der Täter besitzt die französische Staatsbürgerschaft. Die Fahnder kooperieren darum schon mit der deutsch-französischen Polizeistelle in Kehl. Eine Spurensicherung soll weitere Indizien liefern.
Ein großes Rätsel bleibt derweil: Warum und wann brachte der Täter seine Lebensgefährtin um? Zeugen berichteten der Polizei, dass sie schon am Abend vor der Geiselnahme Schüsse hörten. Möglicherweise tötete der Täter seine Lebensgefährtin vor der geplanten Zwangsräumung und der darauf folgenden Geiselnahme. Die Polizei schließt nicht aus, dass die Frau schon länger tot war. Klarheit soll eine Obduktion am Freitag bringen.
Eine geplante Tat
Als sicher gilt, dass der arbeitslose Mann die Geiselnahme und die Ermordung seiner Opfer von Anfang an geplant hatte. Ziemlich genau kann sie den Tathergang rekonstruieren: Die Lebensgefährtin und der Täter sollten aus ihrer gemeinsam genutzten Wohnung ausziehen. Die Frau war Eigentümerin der Wohnung, war aber mit den Zahlungen an die Hausgemeinschaft in Rückstand. Im April dieses Jahres wurde die Wohnung zwangsversteigert. Der Täter legte sich wohl angesichts der Räumung ein ganzes Waffenarsenal sowie Fesselwerkzeuge bereit. "Denkbar ist, dass er vor den Scherben seines Lebens gestanden ist", sagte ein Polizeisprecher.
Um 8 Uhr morgens klingelte dann der Gerichtsvollzieher, begleitet vom Mitarbeiter einer Schlüsselfirma und einem Sozialarbeiter - eine Maßnahme der Stadt Karlsruhe, um den Geräumten Hilfe anzubieten. Vor dem Haus stand schon der Möbelwagen. Der 53-Jährige ließ das Team in die Wohnung. Dann nahm er die drei Männer als Geiseln, ebenso den neuen Wohnungseigentümer, der kurz danach in die Wohnung kam. Er zwang den Schlüsseldienst-Mitarbeiter, die anderen zu fesseln. Als sich der 33-Jährige wehrte, streckte ihn der Geiselnehmer mit mehreren Schüssen nieder und ließ ihn schwer verletzt liegen.
Nach einer knappen Stunde ließ der Geiselnehmer den Sozialarbeiter gehen. Dieser rief sofort die Polizei. Alle Versuche, Kontakt zu dem Geiselnehmer aufzunehmen, blieben erfolglos. Nach knapp drei Stunden stürmte ein Einsatzkommando die Wohnung, weil Brandgeruch heraus drang. Der Geiselnehmer hatte den Teppich in Brand gesetzt. Doch in der von Qualm erfüllten 3-Zimmer-Wohnung fanden die Beamten nur noch Tote.
Der Täter hatte zwei der gefesselten Geiseln mit Kopfschüssen getötet und sich mit dem Schrotgewehr in den Kopf geschossen. Auch der Schlüsseldienst-Mitarbeiter war seinen Verletzungen erlegen. Erst später fanden die Beamten die 55 Jahre alte Lebensgefährtin des Täters: Sie lag in ihrem Bett, mit einem aufgesetzten Brustschuss getötet.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa