Panorama

Wer will "Leben im Quadrat"? Städte-Slogans geraten oft zur Lachnummer

Im badischen Karlsruhe hatte man erst "viel vor. viel dahinter" und wollte anschließend zum "baden in Ideen" aufrufen - was die Bürger jedoch verhinderten.

Im badischen Karlsruhe hatte man erst "viel vor. viel dahinter" und wollte anschließend zum "baden in Ideen" aufrufen - was die Bürger jedoch verhinderten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Slogan soll einer Marke dazu verhelfen, im Gedächtnis potenzieller Kunden hängenzubleiben. Auch deutsche Städte bemühen sich darum, mit griffigen Sprüchen auf sich aufmerksam zu machen - was jedoch bunte Blüten treibt.

Für die meisten größeren Städte in Deutschland gehört der eigene Slogan mittlerweile zum Standardprogramm. Bei den selbstgemachten Werbesprüchen werden mal einzigartige Sehenswürdigkeiten angekündigt, mal sogar Zuneigung versprochen. Von "München mag dich" bis "Kiel - Sailing City" werben Städte von Süd bis Nord mit ihren Vorzügen. Dabei kann jedoch auch einiges schiefgehen.

"Leben im Quadrat" - für viele Nicht-Mannheimer erschließt sich der Slogan der Stadt mit Gitter-Grundriss nicht unbedingt sofort.

"Leben im Quadrat" - für viele Nicht-Mannheimer erschließt sich der Slogan der Stadt mit Gitter-Grundriss nicht unbedingt sofort.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Lohne lohnt sich" verspricht etwa die niedersächsische 26.500-Einwohner-Stadt selbstbewusst. Aber stimmt das auch? Na klar, beteuert Stadtsprecher Christian Tombrägel. "Wir sind ein starker Wirtschaftsstandort und haben fast keine Arbeitslosigkeit."

Aber warum braucht Lohne dann überhaupt einen Slogan? "Wir sind daran interessiert, von der Stadt ein positives Image zu vermitteln", sagt Tombrägel, "weil wir nicht mit großen Bauwerken oder historischen Schlachten punkten können, müssen wir auf anderem Wege auf uns aufmerksam machen."

Slogans können Verwirrung stiften

Den Namen der Stadt per Wortspiel aufzuwerten, erfreut sich jedoch auch andernorts großer Beliebtheit. So darf man im baden-württembergischen Mengen angeblich "Eine ganze Menge mehr" erwarten und sich in Heitersheim im Schwarzwald "net & heiter" fühlen. Wovon man eine Menge mehr erwarten darf und was genau "net" bedeuten soll, darüber sagen die Slogans freilich nichts aus.  

Drei Millionen Euro pro Jahr wendet die notorische klamme Hauptstadt für ihre "be Berlin"-Kampagne auf.

Drei Millionen Euro pro Jahr wendet die notorische klamme Hauptstadt für ihre "be Berlin"-Kampagne auf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Manche Städte sorgen bei dem Versuch der Eigenwerbung auch durchaus für Verwirrung, berichtet Bernd Radtke, Autor des Buches "Stadtslogans zur Umsetzung der Markenidentität von Städten". Mannheim wirbt etwa mit dem Slogan "Leben im Quadrat". Eigentlich sei das passend für die Stadt, deren Grundriss in Quadrate geteilt ist. Ortsfremde könnten mit dem Spruch unter Umständen aber nur wenig anfangen. Eigentlich müsse ein guter Slogan "für Einwohner als auch für Touristen ansprechend sein".

Ähnlich schwierig sei das bei der Stadt Rendsburg in Schleswig-Holstein. Ihr Slogan: "Hier passiert die Welt." Wer nicht aus der Region komme, habe womöglich Schwierigkeiten, die Verbindung zum angrenzenden Nord-Ostsee-Kanal herzustellen.

Auch die Stadt Konstanz am Bodensee zeigte 2009 mit dem Spruch "Konstanz – Die Stadt am H2O" ein eher unglückliches Händchen. Unterlegt war der Slogan mit einem Umriss des Sees aus chemischen Formeln. Allerdings erinnerten diese das geübte Auge eher an die Formel für den Giftstoff Formaldehyd als an die für Wasser – und brachten Konstanz hämische Schlagzeilen. Heute setzt die "Stadt zum See" zwar nicht mehr auf einen sonderlich kreativen, dafür aber sicheren Slogan.

Bürger und Besucher haben verschiedene Bedürfnisse

Völlig über den Kopf der Einwohner hinweg dürfe ein Slogan auch nicht entwickelt werden: "Die Einwohner machen die Stadt aus", sagt Radtke. "Insofern müssen sie auch hinter dem Slogan stehen."

Schwierig war das ausgerechnet für die Hauptstadt - zumindest am Anfang. Bei einer Umfrage unter Berlinern sagten damals 60 Prozent, die Kampagne "be Berlin" sei schlecht. Dabei richtet sie sich vor allem an die Bewohner selbst, wie die Macher erklären. Die Strategie: Wer sich mit seiner Stadt identifiziert, strahlt das auch im Kontakt mit Besuchern aus.

Drei Millionen Euro jährlich lässt sich der Berliner Senat die Kampagne kosten. Die meisten denken bei der Hauptstadt aber wohl eher an deren inoffiziellen Slogan "Arm, aber sexy", den der Regierende Bürgermeister Wowereit einst geprägt hatte. "Einwohner wollen in aller Regel, dass eine gewisse Vielfalt transportiert wird", erklärt Radtke. "Externen reicht eine klare Botschaft."

"Das Beste ist, man spricht darüber"

Schmerzlich musste das jüngst auch die badische Stadt Karlsruhe erfahren: Sie wollte ihren Slogan "Viel vor. Viel dahinter" in "Karlsruhe - baden in Ideen" umwandeln. Das jedoch war keine so gute Idee: Die Bewohner gingen auf die Barrikaden - und verhinderten ihn.

Karlsruhes Stadtsprecherin kann der Schlappe aber durchaus etwas Positives abgewinnen: "Das Beste, was einer Stadt und ihrem Slogan passieren kann, ist, dass man darüber spricht", sagt sie. Derzeit würden auch die Schilder mit dem alten Claim abgebaut. "Karlsruhe braucht keinen mehr."

Laut Radtke sei zwar jede Stadt eine Marke, doch tatsächlich hat nicht jede von ihnen einen Werbespruch nötig. Die Marke Hamburg sei beispielsweise so stark, dass sie auf ihre Vorzüge gar nicht mehr aufmerksam machen müsse, so der Stadtmarketing-Experte. Und noch etwas spreche gegen den eigenen Werbespruch: "Lieber kein Slogan als ein schlechter Slogan."

Quelle: ntv.de, bwe/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen