Amoklauf mit fünf Toten in Lüttich Täter hatte Angst vor Festnahme
14.12.2011, 19:50 Uhr
Angst vor dem Gefängnis soll Nordine Amrani zum Amokläufer gemacht haben: Am Tag der Bluttat im belgischen Lüttich war er zu einem Verhör aufs Polizeirevier bestellt. Dort lag eine Anzeige gegen ihn wegen eines Sittlichkeitsvergehens vor. Einschließlich des Täters starben fünf Menschen. 125 Menschen wurden verletzt.
Der Amokläufer von Lüttich fürchtete eine unmittelbar bevorstehende Festnahme. Sein Anwalt Jean-François Dister sagte, er habe noch kurz vor der Tat mit seinem Mandaten telefoniert. Nordine Amrani habe gesagt, dass er zu einem Verhör wegen eines Sittlichkeitsdelikts geladen sei und dort mit seiner Festnahme rechne.
Am Tag nach dem Amoklauf fand die belgische Polizei im Haus des Täters die Leiche einer 45-jährigen Frau. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Amrani die Frau tötete, bevor er das Blutbad auf dem belebten Saint-Lambert-Platz im Zentrum anrichtete. Dort starben zwei Jugendliche im Alter von 15 und 17 Jahren, später auch ein 17 Monate altes Kleinkind.
Bis zum Mittwoch war nicht erkennbar, ob die Ermordete, eine Putzfrau der Nachbarin, über den Amokläufer etwas Belastendes wusste oder ob sie zu einem zufälligen Opfer wurde. Die Polizei fand die Frauenleiche in einem Schuppen von Amranis Haus, in dem der 33-Jährige Cannabis anbaute.
Rund 20 Mal verurteilt
Amrani hatte nach Angaben von Staatsanwältin Danièle Reynders sein Leben lang mit der Justiz zu tun. Er wurde unter anderem rund 20 Mal wegen Waffenbesitzes, Drogenbesitzes, Hehlerei und Sittlichkeitsverbrechen verurteilt. Zuletzt war Amrani zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Nach drei Jahren wurde er im Oktober 2010 mit einer achtmonatigen Bewährungsfrist freigelassen. Dies entsprach den Angaben der Behörden zufolge der Rechtslage.
Im November seien erstmals seit seiner Freilassung neue Vorwürfe gegen Amrani bekannt geworden, sagte Reynders auf einer Pressekonferenz. Es handele sich um den Vorwurf eines Sittlichkeitsdelikts, der am 13. November in Form einer Klage gegen Unbekannt eingegangen sei. Amrani habe aufgrund von Indizien als Tatverdächtiger vernommen werden sollen.
Amokläufer hinterlässt keinen Brief
Anstatt beim Verhör zu erscheinen, zündete der 33-Jährige am Dienstag auf dem Saint-Lambert-Platz vier Granaten und schoss in die Menschenmenge. Anschließend tötete er sich mit einem Kopfschuss selbst. Der Amokläufer hinterließ laut Reynders kein Schreiben, in dem er die Tat erklärt habe.
Die Bürger von Lüttich standen am Mittwoch noch unter Schock. Am Tatort legten Menschen Blumen nieder und stellten zum Gedenken an die Opfer Kerzen auf.
Der marokkanischstämmige Belgier wurde 1978 in Brüssel geboren. Sehr früh verlor er seine Eltern und war danach weitgehend sich selbst überlassen. Innenministerin Joëlle Milquet beklagte, in Belgien seien zu viele Waffen in Umlauf.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa