Organspende-Skandal hat Folgen Uniklinik zieht Konsequenzen
06.10.2012, 22:53 UhrDas Münchner Klinikum Rechts der Isar zieht Konsequenzen aus dem Skandal um die Vergabe von Spenderorganen. Der Aufsichtsrat der Klinik beschließt eine komplette Neuordnung der Transplantationsmedizin. Einem Medienbericht zufolge wusste ein Abteilungsleiter bereits 2010 von Unregelmäßigkeiten - und unternahm nichts.

Am Münchner Klinikum rechts der Isar wurde offenbar zu lax mit Organspende-Regeln umgegangen.
(Foto: dpa)
Nach Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Organspende-Skandal wird die Transplantationsmedizin am Münchner Universitätsklinikum Rechts der Isar völlig neu organisiert. Unter der Leitung von Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch von der FDP beschloss der Aufsichtsrat des Klinikums, dass dort ein selbstständiges Zentrum für Transplantationsmedizin errichtet wird.
Bisher lag die Verantwortung dafür bei der Klinik für Chirurgie sowie der Medizinischen Klinik II. Der Aufsichtsrat habe dort jedoch "organisatorische und kommunikative Defizite im Bereich der Lebertransplantation" festgestellt und ziehe mit der Neuaufstellung daraus die Konsequenzen, sagte Heubisch nach der außerordentlichen Sitzung des Gremiums.

Eine alkoholkranke Patientin soll nach einer Transplantation im Jahr 2011 an den Folgen der Operation gestorben sein.
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Um weiterhin eine lückenlose Versorgung der Patienten sicherzustellen, bestellte der Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung Prof. Eberhard Kochs - den Direktor der Klinik für Anästesiologie - zum kommissarischen Leiter des neuen Zentrums. Das Klinikum Rechts der Isar gehört zur Technischen Universität München (TUM).
In dem Krankenhaus sollen mindestens in einem Fall Laborwerte gefälscht worden sein, um dem Patienten schneller ein Spenderorgan zu verschaffen. Das Krankenhaus hat den Manipulationsverdacht bei der Vergabe von Spenderorganen zwar inzwischen bestätigt, das Ausmaß jedoch noch als unklar bezeichnet. Die Bundesärztekammer und die Staatsanwaltschaft ermitteln in mehreren Fällen.
Lebertransplantation für Todkranken
In den vergangenen Tagen waren immer neue Hinweise auf bewusste Manipulationen an die Öffentlichkeit gelangt. Unter anderem soll das Krankenhaus alkoholkranke Patienten auf die Warteliste für eine Lebertransplantation genommen haben, obwohl sie eigentlich erst sechs Monate völlig abstinent sein müssen, bevor sie ein Anrecht auf eine Spenderleber haben. Auch ein todkranker Patient soll noch eine neue Leber erhalten haben, obwohl er zu krank für die Operation gewesen sein soll. Er tsrab kurz nach dem Eingriff.
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" soll ein Abteilungsleiter zwar . Ein Gedächtnisprotokoll, das eine Organ-Schieberei entlarvt habe, habe der Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik weggeschlossen. Der Gastroenterologe habe es bei sich verwahrt, wie eine Sprecherin des Klinikums bestätigte. Zu den Motiven und dem Verhalten des Professors könne sie nichts sagen. Der Chefarzt selbst wollte sich zu dem Sachverhalt "derzeit nicht äußern".
Heubisch äußerte sich dazu nicht. Einzelheiten aus den sechsstündigen Beratungen, bei denen zehn Ärzte der Klinik angehört wurden, wolle man nicht bekanntgeben, sagte er. Man müsse erst die Untersuchungen von Staatsanwaltschaft und Bundesärztekammer abwarten. Je nach deren Ergebnissen behalte sich der Aufsichtsrat aber weitere Schritte vor.
Quelle: ntv.de, dpa