Panorama

Die zerstückelte Leiche von Reichenau Video zeigt Vorgänge im Keller

G.s Anwalt erläutert seine Strangulationstheorie.

G.s Anwalt erläutert seine Strangulationstheorie.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bisher galt der Tatablauf im Fall des 59-Jährigen im sächsischen Reichenau als klar. Detlev G. soll dem Mann die Kehle durchgeschnitten haben. Doch der Anwalt des Polizisten bringt ein anderes Szenario ins Spiel. Beleg dafür soll ein Video vom Tatort sein.

Im Fall der zerstückelten Leiche von Reichenau sind Zweifel an der bisher angenommenen Tatversion laut geworden. Der Anwalt des unter Mordverdacht stehenden Polizisten legte Beschwerde gegen die Inhaftierung seines Mandanten ein, berichtet der "Spiegel". Rechtsanwalt Endrik Wilhelm geht demnach inzwischen davon aus, dass sich das Opfer, ein 59 Jahre alter Geschäftsmann aus Niedersachsen, selbst stranguliert hat.

Die bisherige Darstellung der Staatsanwaltschaft sah so aus, dass Detlev G. am 4. November 2013 dem 59-jährigen Wojciech S. aus sexueller Lust die Kehle durchschnitt. Nach der Tat im Keller seines Hauses im Gimmlitztal habe G. die Leiche zerteilt und anschließend an zahlreichen Orten auf dem Grundstück vergraben. Der Polizeibeamte, der als Schriftsachverständiger für das sächsische Landeskriminalamt tätig war, hatte die Tat in dieser Version auch gestanden. Zu seinem Motiv hatte er gesagt, er habe sein Opfer auf dessen Verlangen hin getötet.

55 Minuten Material

Der Anwalt stützt seine Beschwerde auf ein Video, das im Zuge der Ermittlungen aufgetaucht sei. "Ich habe das Video gesehen", sagte Wilhelm. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu nicht. Nach Darstellung des Magazins hatte der tatverdächtige Polizist in seinem als SM-Kabinett ausgestalteten Keller eine Kamera installiert. Die auf der Kamera gespeicherten Filme waren zwar gelöscht, konnten aber durch Experten des Landeskriminalamts in Magdeburg wieder hergestellt werden.

Der Film sei 55 Minuten lang, in den ersten drei Minuten sei zu sehen, wie Woijciech S. nackt an einem Seil von der Decke hänge. Sein Mund sei zugeklebt, seine Hände mit einem Kabelbinder auf dem Rücken fixiert. In der nachfolgenden Sequenz bewege sich S. nicht mehr. Der Anwalt von G. vertritt nun die Auffassung, S. habe zu diesem Zeitpunkt den Hirntod durch akuten Sauerstoffmangel erlitten. Allerdings habe S. zu diesem Zeitpunkt nicht gehangen, er habe sich also jederzeit hinstellen können.

Wilhelm geht deshalb davon aus, dass S. sich habe erhängen wollen. Dafür habe er sich das Seil eigenhändig umgelegt, dann habe G. ihm auf seinen Wunsch die Hände gefesselt und anschließend den Raum verlassen. Bei seiner Rückkehr habe er das Bild vorgefunden, das in der Videosequenz zu sehen sei.

Druck bei der Vernehmung?

Doch warum gesteht G. dann, er habe S. die Kehle durchgeschnitten? Sein Anwalt sieht Anhaltspunkte dafür, dass bei den ersten Vernehmungen ohne Anwalt Druck auf seinen Mandanten ausgeübt worden sei. "Das, was er bei der Vernehmung bei der Polizei gesagt hat, ist von A bis Z Käse." Nur daran, dass sein Mandant die Leiche des Mannes entsorgt habe, gebe es keinen Zweifel. Das sei auf Verlangen geschehen.

"Zum Ermittlungsstand machen wir keine Angaben", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dazu. Er verwies darauf, dass noch kein rechtsmedizinisches Gutachten vorliege. Dies könnte über die Todesursache von Woijciech S. Auskunft geben.

Für Detlev G. ist es ein erheblicher Unterschied, ob S. auf die eine oder andere Weise ums Leben gekommen ist. Der bisherigen Tatversion folgend, wird gegen ihn wegen Mordes ermittelt. Bestätigte sich hingegen die Version, die sein Anwalt nun vertritt, könnte seine Tat möglicherweise nur noch als Störung der Totenruhe gewertet werden.

Detlev G. und sein späteres Opfer hatten sich in Kannibalen-Chats im Internet kennengelernt. Dort war der Kommissar auf der Suche nach Opfern unterwegs gewesen. Mehrere Männer boten sich ihm an. Am Ende traf er sich mit dem Geschäftsmann aus Niedersachsen.

Quelle: ntv.de, sba

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