Panorama

Carpe Diem Zum Tod von Bernd Eichinger

Eichinger, der Genießer.

Eichinger, der Genießer.

(Foto: dpa)

Betroffenheit allerorten, zwischen Deutschland und Hollywood wird getrauert: Ein Mann aus der Glitzerwelt ist gestorben. Nun, das passiert andauernd, werden einige sagen, aber im Fall von Bernd Eichinger ist es anders. Ein Gefühl macht sich breit, dass etwas nie wieder so sein wird, wie es mal war.

Eine furchtbare Vorstellung: Familie und Freunde sitzen am Tisch, plötzlich greift sich einer in der Runde an die Brust, sackt zusammen und fällt vom Stuhl, keiner kapiert etwas, vielleicht noch ein Witz, ein dummer Spruch und dann plötzlich die Erkenntnis, dass es kein Spiel ist, sondern bitterer Ernst, und dass ab dieser Sekunde alles anders sein wird als zuvor.

Eichinger, das Arbeits-Tier.

Eichinger, das Arbeits-Tier.

(Foto: dpa)

Noch wissen wir nicht genau, wie Bernd Eichinger gestorben ist, vielleicht werden wir es auch nicht erfahren, denn er saß mit seiner Familie und Freunden beim Essen, und warum sollten die in epischer Breite erzählen wollen, wie es war? Tröstlich irgendwie die Vorstellung, im Kreise seiner Lieben zu sterben, ohne zu leiden, in fröhlicher Runde und mit einem Glas Wein in der Hand. Aber wie furchtbar gleichzeitig auch für die anderen, die eben noch gelacht und gegessen haben - denn da ist jemand ganz plötzlich aus dem Leben gegangen, so unvorbereitet, dass er einfach noch nicht fertig gewesen sein kann. Seine Tochter - noch nicht einmal 30 Jahre alt - hätte ihren Vater vielleicht gern zum Großvater gemacht, seine Frau, noch nicht einmal 40 Jahre alt, dachte das eine oder andere Mal vielleicht an die Zeit, in der ihr gut 20 Jahre älterer Mann nicht mehr so viel arbeiten würde, sie dachte bestimmt manchmal an die Zeit, in der er endlich Zeit haben würde.

Immer unter Strom

Sein Freund und Wegbegleiter Wolfgang Petersen, mit dem er "Die unendliche Geschichte" realisierte, erzählt im RTL-Interview, dass "der Bernd" endlich ruhiger geworden sei, dass seine Ehe mit der Journalistin Katja Hoffmann ihm gut täte und dass er eine Art zweites Leben mit ihr anfangen wollte. Das alles ist nun nicht mehr möglich, sein erstes Leben hat vielleicht seinen Tribut gefordert: immer unter Strom, Nikotin, Alkohol, Stress, Frauengeschichten, ein Leben zwischen zwei Kontinenten, ein Leben auf der Überholspur, das Leben eines Besessenen. Anders ist die Vielfalt der Projekte, die unter Bernd Eichinger entstanden sind, nicht zu erklären.

Eichinger und Uli Edel ("Der Baader Meinhof Komplex).

Eichinger und Uli Edel ("Der Baader Meinhof Komplex).

(Foto: dpa)

Man muss den Mann nicht gut gekannt oder gemocht haben, um zu verstehen, dass es schwer wird, seine Lücke zu schließen. Er schien sich eine Art Neugierde erhalten zu haben, die die wenigsten in seinem Alter haben. Ob man alle seine Projekte jetzt gut heißt, ob man den Klamauk ("Die Superbullen", "Werner" "Erkan & Stefan"), den er verzapft hat, mag, oder die heißen Themen, die er angepackt hat ("Der Untergang", "Der Baader Meinhof Komplex"), ob man seine späte Männerfreundschaft zu Bushido ("Zeiten ändern dich") versteht oder ob man seine Frauengeschichten (Hannelore Elsner, Barbara Rudnik, Katja Flint, Corinna Harfouch) nachvollziehen kann -  egal. Er ist unvergleichlich gewesen. Immer ein bisschen Macho, immer ein bisschen barsch, aber das gehört wohl dazu, wenn man sich durchsetzen will. Anders kommt man vielleicht nicht nach Hollywood - und viel wichtiger: Anders bleibt man vielleicht nicht in Hollywood.

Eichinger mit Petersen, Freund und Wegbegleiter.

Eichinger mit Petersen, Freund und Wegbegleiter.

(Foto: dpa)

Der Filmemacher jedenfalls wollte dort, wie schon so oft, überwintern, in seinem Haus in den Hügeln von Los Angeles, mit Blick auf das Markenzeichen der Stadt, den Hollywood-Schriftzug. Er war gerade dabei, das Leben der entführten Natascha Kampbusch zu verfilmen, er, der ehemalige Workaholic, war aber auch gerade dabei, sein Leben mehr zu genießen, denn seine Freunde sagen, dass es der Frau, die er vor fünf Jahren heimlich geheiratet hatte, gelungen sei, einen glücklicheren Menschen aus ihm zu machen. Er hatte aufgehört zu rauchen, und er sagte immer mal wieder Nein, wenn ihm Champagner und Co. aus den Ohren zu kommen drohten.

Endlich Zeit für die Zeit

Aufzuhören, war keine Option für Bernd Eichinger. Gerade wurde bekannt, dass er demnächst zum Jury-Präsidenten der Berlinale ernannt werden sollte. Festivaldirektor Dieter Kosslick sagte: "Das wäre in den nächsten zwei, drei Jahren mal passiert." Eichinger starb zwar so, wie er sich das ausgemalt hatte (Er möchte einfach umfallen und seine Trauergäste sollten ihre Champagnergläser an seinem Sarg zerschellen lassen, hat er Freunden mitgeteilt, wenn das Gespräch auf den Tod kam), dass das aber mit 61 Jahren passieren sollte, hätte niemand gedacht.

An dem Tag, an dem die Nominierten für die Oscars verkündet wurden - und Eichinger hatte einen großen Bezug zu der Veranstaltung in seiner Wahlheimat, war er doch für den "Untergang" und "Baader Meinhof Komplex" nominiert und hatte er doch einen Oscar, neben all den anderen Auszeichnungen, bekommen für "Nirgendwo in Afrika" - beschloss also das 61-jährige Herz des Bernd Eichinger, mit der Arbeit aufzuhören. Dass Bernd Eichinger bis dahin jeden Tag genutzt hat, steht wohl außer Frage.

Quelle: ntv.de

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