Abtreibung und Sexualität in "Shahada" Junge Muslime auf der Berlinale
17.02.2010, 15:42 Uhr
Szene aus Shahada.
(Foto: APN)
Im Wettbewerb um den Goldenen Bären der 60. Berlinale ist der zweite deutsche Wettbewerbsbeitrag gestartet. In seinem Spielfilmdebüt "Shahada" erzählt der 29-jährige Regisseur Burhan Qurbani von jungen Muslimen in Berlin. In einer ersten Pressevorstellung wurde der Film mit Anerkennung und Applaus aufgenommen.
"Natürlich ist unser Film ein Aufruf zum Dialog", sagte Qurbani. Der Regisseur wuchs als Sohn afghanischer Flüchtlinge bei Stuttgart auf und bezeichnet sich selbst als gläubigen Muslim. "Ich hoffe, dass der Film ein junges Publikum erreicht, das sich dann streitet und diskutiert."
Der Episodenfilm zeigt drei junge Menschen in Glaubenskrisen. Im Fastenmonat Ramadan geraten Maryam, Sammi und Ismail in Situationen, die sie ihr Leben neu überdenken lassen. "Wir wollten Geschichten erzählen, die die Figuren an den äußersten Rand des für sie Erträglichen treiben", sagte Qurbani.
Abtreibung, Homosexualität, Schuldgefühle
Erzählt wird von der 19-jährigen westlich orientierten Maryam, die ein ungewolltes Kind abtreibt und dann in einen schweren seelischen Konflikt gerät. Der Nigerianer Sammi wird sich seiner Homosexualität bewusst und glaubt, dass sich seine Neigung nicht mit seinem Glauben vereinbaren lässt. Und der Polizist und Familienvater Ismail leidet unter massiven Schuldgefühlen, weil er bei einem Einsatz eine unschuldige Frau schwer verletzt hat.
In der Moschee des aufgeklärten islamischen Geistlichen Vedat - Maryams Vater - kreuzen sich die Wege der drei jungen Menschen. Während der liberale Vater seiner unglücklichen Tochter helfen will, fühlt sich die junge Frau immer schuldiger und legt den Koran immer radikaler aus. Der Filmtitel "Shahada" bezieht sich auf die erste Säule des Islam - Shahada, das Glaubensbekenntnis.
"Wir wollten keine Klischees bedienen", sagte der Regisseur. Vielmehr habe er die Vielfältigkeit muslimischen Lebens zeigen wollen. Der Film wolle "hinter die Islamdebatte schauen und die Menschen wieder sehen", meinte die weibliche Hauptdarstellerin Maryam Zaree.
Roehlers Film mit Spannung erwartet
Qurbanis Film ist eine von insgesamt drei deutschen Regiearbeiten im Berlinale-Wettbewerb. Mit viel Applaus war am Montag Benjamin Heisenbergs "Der Räuber" aufgenommen worden. In dem auf einer wahren Geschichte beruhenden Film wird von einem Marathonläufer erzählt, der reihenweise Banken ausraubt und sich dann eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit der Polizei liefert.
Der mit Spannung erwartete dritte deutsche Film wird am Donnerstag gezeigt: Oskar Roehler ("Elementarteilchen") erzählt in "Jud Süß - Film ohne Gewissen" die Entstehungsgeschichte des berüchtigten Nazi-Propagandafilms von Veit Harlan. In den Hauptrollen sind Tobias Moretti als "Jud Süß"-Darsteller Ferdinand Marian und Moritz Bleibtreu als Goebbels zu sehen.
Insgesamt 20 Filme aus aller Welt sind im offiziellen Wettbewerb um den Goldenen und die Silbernen Bären. Die Gewinner verkündet die internationale Jury unter Vorsitz von Regisseur Werner Herzog an diesem Samstag.
Quelle: ntv.de, dpa