Berliner Stadtschloss Wiederaufbau auf der Kippe?
02.06.2010, 18:15 UhrWer leistet sich ein Schloss, wenn im Geldbeutel Ebbe ist? Diese Frage stellen sich nicht nur immer mehr Bürger, sondern jetzt auch die Berliner Koalitionäre.

Die Südseite des Berliner Stadtschlosses; aufgenommen um 1878 von dem Fotografen Sophus Williams.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Angesichts der Sparzwänge des Bundes könnte sich der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses verzögern. Ein späterer Start des 550 Millionen Euro teuren Vorhabens sei eine der möglichen Überlegungen, bestätigten Koalitionskreise in Berlin. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sieht für eine Verschiebung allerdings "keine Anhaltspunkte. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) meinte: "Ich würde es sehr bedauern, wenn die Bundesregierung den Beschluss des Deutschen Bundestags nicht umsetzen würde."
Forderungen nach einem Bau-Aufschub kommen vor der am Sonntag beginnenden großen Sparklausur des Bundeskabinetts eher aus dem parlamentarischen Bereich, heißt es. So verlangten Haushaltspolitiker des Bundestages, solche Projekte noch einmal zu überdenken. Die "Rheinische Post" hatte berichtet, die schwarz-gelbe Koalition erwäge, den Schlossbau zu verschieben.
Ramsauer steht zu dem Beschluss
"Der zuständige Bundesbauminister Peter Ramsauer hat mir versichert, dass er nach wie vor zu dem Beschluss steht", betonte Neumann. Der Aufbau des Stadtschlosses mit dem Humboldt-Forum basiere auf einem mit großer Mehrheit verabschiedeten Beschluss des Bundestages. Der Bau sei auch in der Koalitionsvereinbarung verankert.
Ramsauer sieht den Bundestag am Zug. "Nur wenn der Bundestag seine Haltung ändern sollte, hätten wir eine neue Ausgangslage", sagte der CSU-Politiker dem "Tagesspiegel". "Ich werde mich an den Bundestagsbeschluss zum Bau des Berliner Schlosses halten und auch für Spenden werben. Das gebietet schon der Respekt vor dem Parlament." Baubeginn für das Schloss soll im Sommer 2011 sein.
Mehrheit der Berliner dagegen

Die Computersimulation zeigt das Areal vor dem geplanten Schloss-Neubeu.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
In einer Forsa-Umfrage hatten sich 80 Prozent der Berliner gerade dafür ausgesprochen, auf das Schloss angesichts knapper Kassen ganz zu verzichten. Doch auch der Berliner Senat hält am Wiederaufbau des historischen Gebäudes fest. "In dem Planungsstadium, in dem wir uns jetzt befinden - da kann's nämlich bald losgehen mit dem Bau - das Humboldt-Forum nicht zu verwirklichen, das wäre absolut schade", sagte Wowereit.
Er fügte hinzu, dass aus konjunkturellen Gründen auch künftige Bundeshaushalte Investitionen enthalten müssten. "Und da wäre es die falsche Entscheidung, das Humboldt-Forum nicht zu bauen beziehungsweise zu verschieben oder ganz zu canceln."
"Kulturpolitische Jahrhundertidee"
Die Vorsitzende im Bundestagskulturausschusses, Monika Grütters (CDU), zeigte sich erschrocken darüber, dass die "großartige kulturpolitische Jahrhundertidee des Humboldtforums" bei der breiten Öffentlichkeit offenbar noch nicht angekommen ist. Sie warnte davor, das Projekt nun durch materielle Gründe infrage zu stellen.
Die Berliner Grünen forderten dagegen, das Vorhaben auf Eis zu legen. "Das muss alles auf Anfang, man muss grundsätzlich neu nachdenken", sagte Landeschef Stefan Gelbhaar. "Die Erwägung der Koalition, den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses zu verschieben, ist angesichts der vollkommen unsicheren Kostenerwartungen vernünftig", meinte die kulturpolitische Sprecherin der Linke-Fraktion im Bundestag, Luc Jochimsen.
Quelle: ntv.de, dpa