Täter nutzen Corona-Krise 100-Milliarden-Schaden durch Cyberkriminelle
30.09.2020, 17:21 Uhr
Mehr als 100.000 Angriffe von Cyberkriminellen gab es 2019.
(Foto: imago images/imagebroker)
Die Zahl der Straftaten im Internet erreicht einen neuen Höchststand. Mehr als 100.000 Angriffe gab es 2019, und auch in diesem Jahr gibt es keine Aussicht auf Besserung. Im Gegenteil: Cyberkriminelle nutzen die Coronavirus-Pandemie für neue Machenschaften.
Die Zahl der Cyberangriffe ist weiter gestiegen und hat im vergangenen Jahr in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte, erhöhte sich die von der Polizei registrierte Zahl der Vorfälle im Vorjahresvergleich um mehr als 15 Prozent auf insgesamt 100.514. Hauptziele seien Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, weil dabei die höchsten kriminellen Gewinne zu erzielen seien, hieß es.
Die größte Bedrohung stellten laut BKA nach wie vor Angriffe mit sogenannter Ransomware dar. Dabei handelt es sich um Software, die Daten auf den angegriffenen Rechnern verschlüsselt und damit für deren Besitzer unbrauchbar macht. Für die Entschlüsselung fordern die Täter demnach meistens einen Geldbetrag, der in der Regel in der Kryptowährung Bitcoins zu entrichten ist.
Oftmals setzten die Täter zusätzlich auf eine Doppelstrategie, bei der zeitgleich auch noch sensible Daten gestohlen würden, teilte das BKA in Wiesbaden bei der Präsentation des jährlichen Lagebilds zur bundesweiten Entwicklung der Cyberkriminalität mit. Anschließend drohten sie damit, die Informationen zu verbreiten.
Gefälschte Soforthilfe-Seiten
Auch die aktuelle Corona-Pandemie nutzen Cyberkriminelle demnach für ihre Zwecke. Laut einer separaten BKA-Analyse für die Monate März bis August setzten sie unter anderem auf Internetseiten, die Onlineauftritte staatlicher Stellen etwa im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen kopierten. Sobald Nutzer dort Schaltflächen betätigten, installierte sich Schadsoftware auf ihren Rechnern.
Auch falsche E-Mails, die angeblich von staatlichen Stellen oder Banken zum Thema Corona verschickt wurden, waren ein Mittel zur Verbreitung von Schadprogrammen. Die Täter im Bereich Cybercrime seien in der Regel international vernetzt und hochprofessionell, betonte das BKA. Sie seien generell in der Lage, "flexibel" auf neue Gelegenheiten zu reagieren. Dies zeige sich auch bei Corona.
Polizeigewerkschaft fordert mehr IT-Spezialisten
Die deutsche Polizei ermittelte im vergangenen Jahr insgesamt 22.574 Tatverdächtige im Deliktbereich Cybercrime. Das war ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr 2018. Der finanzielle Schaden durch Computerkriminelle sei sehr hoch, warnte das BKA. Es verwies auf Schätzungen des Hightech-Branchenverbands Bitkom, denen zufolge solche Angriffe die deutsche Wirtschaft im vorigen Jahr insgesamt mehr als hundert Milliarden Euro gekostet haben sollen.
Das BKA forderte Unternehmen und Bürger zugleich zu Vorsorge- und Abwehrmaßnahmen auf. Aktueller Virenschutz, sichere Passwörter sowie regelmäßige Datensicherungen gehörten dazu. Zudem sollten Nutzer bei E-Mails unbekannter Absender immer skeptisch sein. Im Fall von Erpressungen dürfe darüber hinaus niemals Geld gezahlt werden, betonte das BKA. Stattdessen sollten Betroffene möglichst schnell die Polizei alarmieren, damit diese auch ermitteln könne.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte als Konsequenz die Einstellung von mehr IT-Spezialisten bei den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Die Entwicklung sei "besorgniserregend". Unter anderem müsse dafür Quereinsteigern der Eintritt in den Polizeidienst erleichtert werden, erklärte DPolG-Chef Rainer Wendt in Berlin. Das BKA tue dies bereits. Notwendig seien zudem Gesetzesänderungen, etwa zur Überwachung der Kommunikation in den Messengerdiensten durch die Polizei.
Quelle: ntv.de, ara/AFP