Krise schlägt durch 3,5 Millionen ohne Arbeit
29.01.2009, 10:08 UhrEs war schon eine Weile erwartet worden, nun ist es soweit. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat den Arbeitsmarkt erreicht.
So stieg die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland um 387.000 auf 3.489.000 gestiegen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren das nur noch 170.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote kletterte um 0,9 Punkte auf 8,3 Prozent, berichtete die BA in Nürnberg. Vor einem Jahr hatte sie bei 8,7 Prozent gelegen.
Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sagte, der konjunkturelle Abschwung habe nun auch den Arbeitsmarkt erreicht. Die drei wichtigsten Indikatoren hätten sich negativ entwickelt. "Die Arbeitslosigkeit stieg, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm erstmals ab, und die Arbeitskräftenachfrage sinkt mittlerweile kräftig", sagte Weise.
Boom bei der Kurzarbeit
Einen Boom verzeichnete die Bundesagentur bei der Kurzarbeit. Im Dezember 2008 haben die Firmen den Angaben zufolge für 404.000 Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragt. 295.000 Anträge seien mit Auftragsflauten begründet worden. Im Vergleich zum November bedeutet dies einen Anstieg um 240.000. Gegenüber Dezember 2007 hat sich die Zahl der Anträge sogar in etwa vervierfacht.
Die Zahl der Erwerbstätigen lag zuletzt im Dezember 2008 mit 40,58 Millionen noch um 254.000 über dem Vorjahreswert. Bereinigt um Witterungseinflüsse nahm sie im Dezember um rund 10.000 zu. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag im November des vergangenen Jahres mit 27,91 Millionen noch um 442.000 über dem Vorjahreswert. Die Zahl der offenen Stellen ging im Januar um 18.000 auf 485.000 zurück. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Bestand nach Angaben der BA um 43.000 abgenommen.
Deutlich höheres Haushaltsdefizit
Die Konjunkturflaute wird auch an den saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen deutlich. Die um jahreszeitliche Einflüsse bereinigte Erwerbslosenzahl in Deutschland stieg im Januar um 56 000 auf 3,267 Millionen. Im Westen nahm sie um 44 000 zu, im Osten um 12 000.
Wegen der stark steigenden Arbeitslosigkeit rechnet Weise mit einem deutlich höheren Haushaltsdefizit bei der Behörde. Die Bundesagentur müsse sich möglicherweise auf einen Fehlbetrag von zehn Milliarden Euro einstellen. Bislang war die Bundesbehörde nur von einem Haushaltsdefizit von sechs Milliarden Euro ausgegangen. Dank der Rücklagen von 17 Milliarden Euro könne die BA diesen Jahresverlust aber noch verkraften.
Grünen sehen starke Warnsignale
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christine Scheel, sieht die neuen Zahlen als Alarmsignal. "Die Wirtschaftskrise fordert ihre ersten Opfer", sagte Scheel bei n-tv. Die Tatsache, dass Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit gestiegen seien, seien "sehr, sehr starke Warnsignale, wo man im Prinzip die Rahmenbedingungen jetzt verbessern müsste und wo die Regierung jetzt auch handeln sollte." Es sei zu überlegen, "ob man die Bedingungen bei der Kurzarbeit für die Unternehmen - was die Sozialversicherungsbeiträge anbelangt – nicht weiter verbessert und gleichzeitig die Unternehmen aber auch verpflichtet, ihr Personal weiterzuqualifizieren, damit wir auch nach der Krise in den Unternehmen gut aufgestellt sind."
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte angesichts der steigenden Arbeitslosenzahl Politik und Wirtschaft zum Handeln auf. Die Unternehmen ermunterte er, "Kurzarbeit im größtmöglichem Umfang sinnvoll einzusetzen, um Beschäftigung so weit wie möglich zu stabilisieren und dabei auch alle betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen". Die vor wenigen Tagen im Kabinett und von den Koalitionsfraktionen beschlossenen Änderungen seien dafür "ein wichtiges Signal" an die Betriebe. Die Regelungen sollten möglichst schon zum 1. Februar 2009 in Kraft treten.
Quelle: ntv.de