Makabrer Jahrestag im Irak 4000. US-Soldat getötet
24.03.2008, 08:54 UhrFast genau fünf Jahre nach Beginn des Irakkrieges ist die Zahl der in dem Land getöteten US-Soldaten auf 4000 gestiegen. Wie das US-Militär mitteilte, wurden am Sonntagabend in der irakischen Hauptstadt Bagdad vier Soldaten durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz getötet. Tags zuvor waren bereits drei GIs bei einem ähnlichen Bombenanschlag ums Leben gekommen. Nach Berechnungen des unabhängigen Onlinedienstes icasualties.org, der eine Statistik über die US-Verluste im Irak und in Afghanistan führt, erreichte die Gesamtzahl der seit dem Einmarsch am 20. März 2003 getöteten US-Soldaten damit genau 4000.
Bei weiteren Anschlägen und Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen kamen im Irak am Sonntag insgesamt mehr als 50 Menschen ums Leben. Dutzende wurden verletzt. Allein in der Hauptstadt Bagdad starben nach Berichten der irakischen Nachrichtenagentur Aswat al-Irak 22 Menschen. Am Abend wurde erneut auch die besonders gesicherte Grüne Zone im Zentrum der Stadt mit Mörsergranaten beschossen.
In Mossul im Norden des Landes waren zuvor 13 irakische Soldaten bei einem Selbstmordanschlag ums Leben gekommen. 30 weitere Menschen wurden verletzt, als ein Selbstmordattentäter mit seinem mit Sprengstoff beladenen Lastwagen in ein örtliches Armeehauptquartier raste.
Mindestens 15 Mitglieder einer Familie, darunter Frauen und Kinder, sollen bei einem US-Luftangriff in der nördlichen Stadt Bakuba getötet worden sein. Kampfhubschrauber hätten Angriffe auf vier Wohnhäuser geflogen, sagten irakische Behördenvertreter. Das US-Militär tötete nach Berichten von Aswat al-Irak zudem 15 El-Kaida-Terroristen in der selben Region. Von der US-Armee gab es dazu zunächst keine Stellungnahmen.
Nach Angaben eines Sprechers des irakischen Innenministeriums wurde im Osten Bagdads ein Wohnhaus von einer Katjuscha-Rakete getroffen. Fünf Bewohner starben, acht weitere wurden verletzt. Unter den Opfern waren auch Kinder. Im Stadtteil Zafarnejia im Südosten der Hauptstadt eröffneten Unbekannte nach Polizeiangaben das Feuer auf Zivilisten und töteten sieben von ihnen, 16 Menschen wurden durch Schüsse verletzt. Fünf Menschen starben im Norden Bagdads bei einem Autobombenanschlag an einer Straßenkreuzung.
Bei Granatenangriffen auf Ziele im Zentrum Bagdads wurden am Sonntagabend ein Zivilist getötet und 14 weitere verletzt. Wie Aswat al-Irak berichtete, wurden insgesamt drei Mörsergranaten abgefeuert. Nach Angaben der Armee traf ein Geschoss ein Krankenhaus in der besonders geschützten Grünen Zone. "Am Sonntagmorgen waren bereits einige Mörsergranaten in den Außenbezirken der Grünen Zone in Bagdad eingeschlagen, ohne dass es dabei Opfer gab", sagte der Armeesprecher weiter.
Zwei Drittel halten Irakkrieg für eine Fehlentscheidung
In den USA erreicht die Zustimmung der Bürger zu dem Waffengang inzwischen einen neuen Tiefpunkt. Rund zwei Drittel der Amerikaner glauben heute, dass der Krieg keine gute Entscheidung war.
Nur 36 Prozent der Amerikaner halten den Angriff heute noch für richtig, heißt es in einer Umfrage des US-Nachrichtensenders CNN. Nach der Invasion im März 2003 hatten noch 68 Prozent den Krieg für gerechtfertigt gehalten. Nahezu zwei Drittel (71 Prozent) meinen, dass der Krieg der US-Wirtschaft geschadet habe. 61 Prozent der Amerikaner möchten der Umfrage zufolge, dass der neue US-Präsident "in wenigen Monaten nach seiner Amtsübernahme" im Januar 2009 die US- Truppen aus dem Irak zurückzieht.
"Verbesserung" in amerikanischer Lesart
Als "dramatisch verbessert" stuft der konservative US-Präsidentschaftsbewerber John McCain die Lage im Irak ein. Der verstärkte Einsatz der US-Truppen habe im zurückliegenden Jahr dazu geführt, dass sich die Lage entspannt habe. Immer mehr Iraker könnten dadurch "ein normales Leben" führen. "Es ist eine Tatsache, dass die El Kaida auf der Flucht ist, wir sind nicht besiegt worden."
und wie es Amnesty International sieht
Nach Ansicht von Menschenrechtlern geht es Millionen Irakern keineswegs besser als vor dem Krieg. Massaker durch verschiedene bewaffnete Gruppierungen, Folter und Misshandlung durch irakische Regierungstruppen und die fortgesetzte Inhaftierung tausender Verdächtiger durch amerikanische und irakische Streitkräfte hätten verheerende Folgen, erklärte Amnesty International.
"Saddam Husseins Regime war ein Synonym für die Verletzung von Menschenrechten", sagte Malcolm Smart, Amnesty-Abteilungsleiter für den Nahen Osten. "Aber sein Sturz hat den Irakern keinerlei Erleichterung gebracht." Der von ihm vorgestellte Amnesty-Bericht zum 5. Jahrestag des Beginns der US-geführten Irak-Invasion hat den Titel "Gemetzel und Hoffnungslosigkeit".
Elende Bedingungen
Darin verweist die Menschenrechtsorganisation darauf, dass der Krieg mehr als vier Millionen Iraker zu Flüchtlingen gemacht habe, die zumeist unter elenden Bedingungen leben. Während Millionen Dollar für Sicherheitsvorkehrungen ausgegeben worden seien, hätten heute zwei von drei Irakern keinen Zugang zu sauberem Wasser. Und fast jeder Dritte sei auf Lebensmittel-Nothilfen angewiesen, um zu überleben.
Katastrophal ist den Amnesty-Angaben zufolge auch die Situation in der Justiz. Prozesse seien "regelmäßig unfair". "Beweise" seien oft unter Folter zustande gekommen, hunderte Menschen seien so zum Tode verurteilt worden. "Dies ist Anlass zu großer Sorge für die Zukunft", sagte Smart. "Selbst wenn irakische Behörden mit überwältigenden Beweisen von Folter konfrontiert wurden, haben sie Täter nicht zur Verantwortung gezogen, und die USA und ihre Verbündeten haben es versäumt, dies einzufordern."
Quelle: ntv.de