Politik

CSU in Führungskrise "Abklopfen" mit FDP

Inmitten des CSU-Machtkampfs um das Ministerpräsidentenamt sind die Spitzen von CSU und FDP zu einem ersten Sondierungsgespräch über eine mögliche schwarz-gelbe Koalition zusammengekommen. "Man klopft einmal ab, ob Verhandlungen Sinn machen", sagte der designierte CSU-Vorsitzende Horst Seehofer vor Beginn des Treffens. Die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ergänzte, man werde organisatorische und technische Fragen besprechen. Die FDP gilt nach dem Wahl-Fiasko der CSU und dem Ende der jahrzehntelangen absoluten Mehrheit im Landtag als wahrscheinlichster Koalitionspartner für die Christsozialen.

Für die CSU erschienen neben Seehofer der noch amtierende Parteichef Erwin Huber, der scheidende Ministerpräsident Günther Beckstein und Fraktionschef Georg Schmid zu dem Gespräch.

Die FDP benannte als Verhandlungsführer unter anderen Leutheusser-Schnarrenberger sowie Generalsekretär Martin Zeil. Zeil hatte zuvor betont, die FDP gehe ohne Vorbedingungen in die Gespräche. Er verwies aber auf das Wahlprogramm seiner Partei. Im Wahlkampf hatten sich die Liberalen unter anderen für ein neues Ladenschlussgesetz, gegen das umstrittene Versammlungsgesetz und das strikte Rauchverbot ausgesprochen.

Huber und Leutheusser-Schnarrenberger kündigten nach dem Treffen an, dass die Gespräche über eine mögliche schwarz-gelbe Koalition in Bayern am Donnerstag kommender Woche fortgesetzt werden. Dies sollen aber noch keine förmlichen Koalitionsverhandlungen sein. Zuvor will sich die CSU auch noch mit den Freien Wählern zusammensetzen. Die CSU hatte am Sonntag mit gut 43 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 1958 eingefahren und sucht nun einen Koalitionspartner.

SPD, Grüne und Freie Wähler gemeinsam

Inzwischen haben sich auch Vertreter von SPD, Grünen und Freien Wählern zu einem ersten Gespräch über eine mögliche Zusammenarbeit nach der Landtagswahl getroffen. "Wir haben große inhaltliche Gemeinsamkeiten festgestellt, wie wir die Zukunft Bayerns gestalten können", teilten SPD-Fraktionschef Franz Maget, der Grünen-Landesvorsitzende Sepp Daxenberger und sein Pendant Hubert Aiwanger von den Freien Wählern in München gemeinsam mit.

Avancen an die Liberalen – gegen die CSU

Während des eineinhalbstündigen Treffens hätten sich besonders in der Bildungspolitik und der Stärkung des ländlichen Raums Gemeinsamkeiten gezeigt. Als Beispiele genannt wurden ein kostenfreies Kindergartenjahr, die Abschaffung der Studiengebühren und die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche für Beamte. "Wir gehen davon aus, dass sich dieser politischen Agenda auch die FDP nicht entziehen kann und gut beraten wäre, ihre Vorfestlegung auf eine Koalition mit der CSU zu überdenken", hieß es. Inhaltliche Unterschiede bestünden letztlich nur in bundespolitischen Fragen.

"Ein ausreichend Maß"

"Insgesamt hat sich ein ausreichend gutes Maß an Übereinstimmung und Grundüberzeugungen gezeigt, so dass eine echte, reelle Chance besteht, dass wir die Zusammenarbeit voranbringen", sagte Huber nach dem Treffen mit der FDP. "Wir sehen eine gute Chance darin, dass wir gemeinsam Politik in Bayern - auch für den Erfolgsweg Bayerns - machen können." Leutheusser- Schnarrenberger berichtete von einer "offenen und guten Atmosphäre".

FDP-Spitzenkandidat Zeil sagte, es werde bei den Sondierungen noch nicht um Posten gehen. Ihm werden Ambitionen auf das Wirtschaftsressort nachgesagt. Zu dem Gerangel in der CSU um den künftigen Ministerpräsidenten sagte Zeil: "Unsere Bitte ist, dass es schnell geht." Die CSU will sich bis nächsten Mittwoch entschieden haben, welcher der vier Bewerber - neben Seehofer noch Landesinnenminister Joachim Herrmann, der Landtagsfraktionschef Georg Schmid und Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel - Nachfolger von Günther Beckstein wird. Beckstein war diese Woche zurückgetreten, wie zuvor Parteichef Erwin Huber.

CSU weiter in der Führungskrise

Bei der Suche nach dem neuen bayerischen Regierungschef ist die CSU tief gespalten. Der Berliner Landesgruppenchef Peter Ramsauer legte sich zwar nicht eindeutig fest, ließ aber eine Präferenz erkennen, dass der designierte CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin bleibt, um nach dem Wahldebakel in Bayern den bundespolitischen Einfluss der Partei zu sichern. Etliche junge CSU- Bundestagsabgeordnete ebenso wie viele Christsoziale im einflussreichen Bezirksverband Oberbayern machen dagegen Stimmung für Seehofer auch als Ministerpräsident.

Kampf der potenziellen Nachfolger

Die drei Konkurrenten Seehofers begannen bereits mit Verhandlungen, wie die Deutsche Presse-Agentur dpa erfuhr. In der CSU-Landtagsfraktion plädieren viele Abgeordnete für eine Einigung auf einen der drei, um eine Kampfabstimmung und Seehofer als Regierungschef zu verhindern. Seehofer hält sich als "Reservekandidat" bereit, falls sich seine Konkurrenten aus der bayerischen Landespolitik nicht einigen können.

Herrmann indes zeigte sich überzeugt, eine Mehrheit organisieren zu können: "Sonst würde ich nicht antreten." Er sei "überzeugt, dass eine Doppelspitze besser ist für die weitere Entwicklung der CSU". Goppel plädierte bei n-tv dafür, "dass wir ein Vorauswahlverfahren uns selbst auferlegen, wir vier miteinander reden und sehen, ob einer übrig bleibt. Wenn es sein muss, auch zwei. Aber alle vier, das wäre schlecht. Aber wenn es nicht anders geht, machen wir auch das."

Die zehn CSU-Bezirksverbände wollen sich in den kommenden Tagen auf ihre jeweiligen Favoriten festlegen. Bisher hat nach Einschätzung aus der Fraktion keiner der vier möglichen Kandidaten eine Mehrheit hinter sich.

Zu wenig Abstand zu Stoiber

Unterdessen gerät bei der Suche nach den Schuldigen für das Wahldebakel auch der ehemalige Ministerpräsident und jetzige CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber massiv unter Beschuss. Attacken kamen auch vom scheidenden Spitzenduo Beckstein/Huber

Als größten Fehler seiner Amtszeit bezeichnete Beckstein es bei n-tv, sich nicht genügend von Stoiber abgesetzt zu haben. "Ich hätte deutlicher machen müssen, dass ich einen eigenen Stil, ein eigenes inhaltliches Programm habe und nicht nur die Arbeit fortsetze." In der "Passauer Neuen Presse" kritisierte er, dass die Zeit zwischen der Rücktrittsankündigung Stoibers und der Amtsübergabe mit neun Monaten zu lange gedauert habe. "Der neunmonatige Übergang, diese Wartezeit, war ausnehmend schwierig".

Huber sagte der "Süddeutschen Zeitung", Stoiber sei mit seiner Reformpolitik über das Ziel hinausgeschossen. Der Wahlsieg der CSU 2003 sei so hoch ausgefallen, dass es schwierig gewesen sei, damit umzugehen. "Übermut und Überheblichkeit werden abgestraft", sagte Huber. Zudem habe die Zögerlichkeit Stoibers bei seinen persönlichen politischen Plänen negative Auswirkungen gehabt. "Natürlich hat uns das Schwanken von Stoiber zwischen Berlin und München zwei Jahre lang eine Diskussion gebracht, die die politischen Inhalte überdeckt hat."

Quelle: ntv.de

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