Trump vs. Comey Alles über den politischen Super Bowl
08.06.2017, 07:33 Uhr
Schon Comeys Auftritte als FBI-Chef im Kongress erhielten viel Aufmerksamkeit. Heute ist ihm das Rampenlicht gewiss.
(Foto: REUTERS)
Dieser Auftritt hat es in sich: Ex-FBI-Chef Comey sagt heute im US-Kongress aus. Alle großen US-Sender übertragen live. Die Mitarbeiter des Weißen Hauses überlegen schon, wie sie ihren Chef vom Twittern abhalten können.
Die ersten Enthüllungen gab es bereits am Mittwoch. In einer schriftlichen Stellungnahme beschrieb James Comey schon vor seinem großen Auftritt vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats seine Treffen und Gespräche mit Präsident Donald Trump. Um genau diese Veröffentlichung zu verhindern, soll Trump angeblich darüber nachgedacht haben, Comeys Auftritt zu unterbinden. Aber passiert ist es nicht: Der frühere FBI-Direktor wird am heutigen Donnerstag im US-Kongress aussagen.
In seiner schriftlichen Aussage beschuldigt Comey den US-Präsidenten, sich in die Untersuchungen der US-Bundespolizei eingemischt zu haben. Jedoch bestätigt er auch, dass er dem Präsidenten versicherte, dass nicht gegen ihn persönlich ermittelt werde.
Comey will die schriftliche Stellungnahme heute im Kongress verlesen; er hatte den Geheimdienstausschuss gebeten, sie zuvor zu veröffentlichen.
Trotz der Veröffentlichung bleibt der Auftritt spannend. Je nachdem, was er dabei von sich gibt, könnte Comey für den nächsten handfesten Skandal im Weißen Haus sorgen.
Trump hat bereits klar zum Ausdruck gebracht, was er von Comey, den er vor knapp einem Monat gefeuert hat, hält. In einem Interview mit dem Sender NBC nannte er ihn einen "Angeber", bei einem Treffen mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak und Russlands Außenminister Sergej Lawrow beschrieb Trump ihn als "Spinner".

Donald Trump dürfte heute noch mehr als gewöhnlich fernsehen - und möglicherweise auch twittern.
(Foto: imago/UPI Photo)
Die Vorladung des ehemaligen Chefs der US-Bundespolizei fällt in eine Zeit, in der die laufenden Ermittlungen zu den Kontakten zwischen Russland und US-Regierungsmitgliedern weiter Fahrt aufnehmen. Erst vor Kurzem wurde Trumps Schwiegersohn und enger Berater Jared Kushner als eine "Person von Interesse" identifiziert.
Comeys Anhörung ist für 10 Uhr Ortszeit angesetzt, das ist 16 Uhr MESZ. n-tv.de berichtet in einem Liveticker. Im Folgenden klären wir die wichtigsten Fragen:
Was erhofft sich der Kongress von Comeys Anhörung?
Die "New York Times" bezeichnete die Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Senats als die am "meisten erwartete seit Monaten, wenn nicht Jahren". Der Fernsehsender CNN ging sogar noch weiter und beschrieb die Anhörung als "Washingtons Super Bowl". Tatsächlich ist der Geheimdienstausschuss des Senats nur einer von mehreren Kongressausschüssen, die eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau während der Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr untersuchen. Aber es gibt nur wenige Menschen, die mehr über diese Zusammenhänge und Untersuchungen wissen als Comey. Und alle großen US-Sender werden die Anhörung live übertragen.
Mehrere Bars in Washington öffnen wegen der Anhörung des gefeuerten FBI-Chefs schon am Vormittag und laden zum Public Viewing ein. Wie zum Beispiel "Shaw's Tavern". Das Motto: "Die Comey-Anhörung Covfefe" - in Anspielung auf Trumps missglückte Twitternachricht. Passend zum alles überragenden Thema Russland gibt es Wodka für fünf Dollar. Das ist für Washingtoner Verhältnisse vergleichsweise günstig. Die "Washington Post" hat sich auch schon das passende Trinkspiel ausgedacht: Jedes Mal, wenn das Wort Putin fällt, muss getrunken werden.
Vor allem für die Demokraten unter den Senatoren dürfte jedoch ein anderes Thema noch spannender sein: die Frage, ob Trump versucht hat, Einfluss auf die Ermittlungen des FBI zu nehmen - ob er versuchte, die Justiz zu behindern. Denn vor seiner Entlassung am 9. Mai führte Comey die FBI-Ermittlungen in Sachen russischer Einflussnahme.
Schon in Notizen, die nach seiner Entlassung an die Medien weitergereicht wurden, beschreibt Comey, dass Trump ihn gedrängt habe, ihm seine Loyalität zu beschwören. Dies wurde durch die gestrige Stellungnahme bestätigt. Comey erklärt darin, dass Trump ihn bei einem Treffen am 14. Februar zur Loyalität aufgefordert habe. "Ich brauche Loyalität. Ich erwarte Loyalität", sagte der Präsident demnach. Comey wiederum machte Trump nach eigenen Worten deutlich, das FBI und das Justizministerium (das in den USA zugleich Bundesanwaltschaft ist) müssten unabhängig vom Präsidialamt agieren.
Zudem soll der Präsident ihn aufgefordert haben, die Untersuchungen gegen den früheren nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Auch dies bestätigte Comey. "Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, dies sein zu lassen, von Flynn abzulassen. Er ist ein guter Kerl. Ich hoffe, Sie können das sein lassen", sagte der Präsident Comeys Stellungnahme zufolge. Insgesamt ist dem siebenseitigen Papier zu entnehmen, wie sehr Comey Trump misstraute.
Die Republikaner im Ausschuss dürften den Schwerpunkt eher auf die Frage legen, wie Comeys Notizen öffentlich wurden. Bereits in früheren Anhörungen versuchten sie, die vielen Leaks als Problem darzustellen, nicht die Inhalte der Enthüllungen. So macht Trump es auch.
Gibt es Beschränkungen für Comey?
Neben dem Kongress beschäftigen sich weiterhin das FBI sowie der neue, vom Justizministerium berufene Sonderermittler Robert Mueller mit Russlands möglicher Manipulation der Präsidentschaftswahlen. Für den Kongress ist das ein Nachteil, weil Mueller ihnen im Zweifel Informationen vorenthalten kann. Comey hat sich im Vorfeld der Anhörung mit dem Sonderermittler getroffen, um seine Aussage abzusprechen.
Laut "Washington Post" hat Comey ein Abkommen mit Mueller getroffen. Demnach wird er zumindest über einige detaillierte Informationen zu seinen Treffen mit dem Präsidenten sprechen. Wie viel er zu den schriftlichen Ausführungen noch hinzufügen kann oder will, bleibt abzuwarten. Für Trump ist das durchaus ein Grund, nervös zu werden. Comey ist ein begabter Redner, der für seine Unabhängigkeit bekannt ist und auch nicht davor zurückschreckt, einem Präsidenten die Stirn zu bieten. Mit seiner schriftlichen Stellungnahme hat er dies eindrücklich bewiesen.
Auch wenn die Anhörung dem Hype am Ende nicht entsprechen sollte, haben Comeys Aussagen das Potenzial, einer strauchelnden Regierung weiteren Schaden zuzufügen. Trump muss sich als Feuerwehrmann beweisen und versuchen, die diversen Brände innerhalb seiner Regierung zu löschen. Man darf gespannt sein, ob er es schafft, sich die dazu nötige Zurückhaltung aufzuerlegen. Der "Washington Post" zufolge planten Trumps Anwälte und Mitarbeiter, den Präsidenten am Donnerstag zu beschäftigen, damit der möglichst nicht twittert.
Was ist wirklich zwischen Trump und Comey vorgefallen?
Die offizielle Version aus dem Weißen Haus zu Comeys Entlassung lautet, dass der stellvertretende US-Justizminister Rod Rosenstein dem Präsidenten zur Entlassung geraten habe und Trump diese Empfehlung annahm. Grund soll Comeys missglückte Handhabe der Untersuchung von Hillary Clintons E-Mails im letzten Jahr gewesen sein.
Trump gab später jedoch zu Protokoll, dass die Empfehlung des stellvertretenden Justizministers keinen Einfluss auf seine Entscheidung hatte und er sich schon vor dem Treffen mit Rosenstein dazu entschlossen hatte, Comey zu feuern. Grund sei vielmehr "dieses Russland-Ding" gewesen. Auch der Zeitpunkt der Entlassung - zwei Tage, bevor Comey vor dem US-Kongress zum Thema Russland hätte aussagen sollen - lässt einige Fragen über Trumps tatsächliche Motive offen. Comeys Stellungnahme bietet zu dieser Frage keine neuen Erkenntnisse.
Die Demokraten hoffen unterdessen, dass die Anhörung ihnen Munition liefern wird. Von einem Amtsenthebungsverfahren sprechen zwar nur wenige Kongressmitglieder. Aber immer häufiger wird daran erinnert, dass Präsident Richard Nixon einer Absetzung 1974 nur durch Rücktritt entging. "Wir kennen spätestens seit Watergate die Regel, dass ein Präsident sich nicht in laufende Untersuchungen einmischen sollte", sagte der demokratische Senator Mark Warner, der Vizechef des Geheimdienstausschusses ist, dem Sender CBS. "Es wäre unvorstellbar, wenn der Präsident wirklich das getan hat, was berichtet wurde." Die Wirklichkeit scheint die Vorstellungskraft von Warner und vielen anderen Beobachtern zu übertreffen.
Quelle: ntv.de