Politik

Obamas Sieg erwartet Amerika wählt

Rekordbeteiligung an einer historischen Wahl: Mit einem nie dagewesenen Ansturm auf die Wahllokale haben die US-Bürger über ihren neuen Präsidenten entschieden. Als Favorit ging der 47-jährige Demokrat Barack Obama in die Wahl: Er hat die Aussicht, als erster Schwarzer der Geschichte in das Weiße Haus einzuziehen. Trotz seines Rückstandes in Meinungsumfragen zeigte sich der Republikaner John McCain (72) aber zuversichtlich, am Ende doch den Wahlsieg zu erringen. Das Ergebnis der Wahl wird weltweit mit größter Spannung erwartet. Die ersten Wahllokale in Kentucky und Indiana haben um Mitternacht (MEZ) geschlossen.

Bereits um vier Uhr morgens Stunden vor Öffnung der Wahllokale bildeten sich in manchen Städten lange Warteschlangen. In mehreren Fällen kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Abstimmung, weil beispielsweise falsche Wahlzettel oder Wählerlisten vorlagen. Wähler beklagten sich vielerorts auch darüber, dass es bei weitem nicht genügend Wahlautomaten gegeben habe.

Erwartet wird eine Rekordbeteiligung von bis zu 130 Millionen Wählern: Knapp drei Viertel aller Wahlberechtigten sind zur Abstimmung registriert. Schon in den vergangenen Wochen hatten fast 30 Millionen Wähler von der Möglichkeit einer frühzeitigen Stimmabgabe Gebrauch gemacht. Die Parteien entsandten angesichts befürchteter Unregelmäßigkeiten und Pannen Tausende Rechtsanwälte zur Beobachtung in die Wahllokale vor allem in Staaten mit erwartetem knappen Wahlausgang.

Wahlkampf bis zum Schluss

In einem rasanten Endspurt durch zahlreiche Staaten hatten die beiden Kandidaten bis zuletzt um Stimmen geworben. So plante McCain nach seiner Stimmabgabe in Phoenix (Arizona) noch zwei Wahlkampfauftritte in Nachbarstaaten. Er werde bis zuletzt kämpfen, sagte der Vietnamkriegsveteran. "Go John go!" riefen ihm Anhänger beim Betreten des Wahllokals zu. Das Ergebnis wollte McCain am Abend daheim in Arizona abwarten. Kurz vorher hatte in Wasilla (Alaska) McCains Vizekandidatin Sarah Palin gewählt. "Ich hoffe, bete und glaube, dass ich morgen früh als gewählte Vizepräsidentin aufwache", sagte sie nach der Stimmabgabe.

Obama ging schon am Morgen zusammen mit seiner Frau Michelle in Chicago (Illinois) wählen. Er zeigte sich dabei entspannt und zuversichtlich, aber zugleich auch zurückhaltend: Am Montag war seine Großmutter Madelyn Dunham, die ihn jahrelang großgezogen hatte, nach langer Krebserkrankung im Alter von 86 Jahren gestorben. Obamas Rivalin im Vorwahlkampf, Hillary Clinton, gab in Chappaqua (New York) ihre Stimme ab. Sie freue sich auf eine "großartige Zeit" für Amerika, sagte die New Yorker Senatorin.

Obama mit klar bessern Chancen

Nach letzten Umfragen des Senders CNN führt Obama in den Staaten, die vor vier Jahren der Demokrat John Kerry im Wahlkampf gegen George W. Bush gewonnen hatte. Gleichauf oder vor McCain liegt er in etwa einem Dutzend Staaten, in denen Bush vor vier Jahren siegte. Nach einem von der Webseite realclearpolitics.com ermittelten Durchschnittswert von einem Dutzend Umfragen trennt Obama von McCain ein Vorsprung von mehr als sieben Prozentpunkten.

Der Senator aus Illinois sagte bei seinem letzten großen Wahlkampfauftritt in Manassas (Virginia), die Entscheidung liege nun in den Händen der Wähler. Einen ersten Sieg konnte Obama bereits frühzeitig am Wahltag verbuchen. Im Dorf Dixville Notch (New Hampshire), wo die Bürger traditionell schon gleich nach Mitternacht wählen gehen, erhielt er 15 Stimmen, McCain nur 6. In der kleinen Ortschaft unweit der kanadischen Grenze brach Obama somit eine 40-jährige Vorherrschaft der Republikaner. Nur einmal, 1968, war es den Demokraten mit ihrem Bewerber Hubert Humphrey gelungen, hier zu siegen.

Bush bleibt zu Hause

Der noch amtierende US-Präsident George W. Bush will sich derweil im Hintergrund halten und öffentliche Auftritte meiden, bis sein Nachfolger feststeht. Bush werde mit seiner Frau zu Abend essen und die Wahl privat verfolgen, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. Statt des Präsidenten selbst werde seine Sprecherin Dana Perino eine Erklärung abgeben, sobald der Wahlsieger bekannt sei. Bush war im Wahlkampf wegen seiner Unpopularität selbst vom Republikaner McCain weitestgehend gemieden worden. In den vergangenen Tagen hatte er sich kaum den Medien gezeigt.

Kompliziertes Wahlsystem

In den Vereinigten Staaten wird der Präsident nicht direkt, sondern durch ein Wahlmännergremium gewählt, das bei der Wahl eigentlich gewählt wird. Der Gewinner eines Bundesstaates erhält jeweils alle zu vergebenden Wahlmännerstimmen. Die Wahlmänner stimmen am 15. Dezember ab, der neue Präsident wird am 20. Januar ins Amt eingeführt.

Neben der Präsidentenwahl steht auch die Wahl der 435 Mitglieder des Abgeordnetenhauses und von 35 der 100 Senatoren an. Es wird erwartet, dass die Demokraten ihre Mehrheit in beiden Kongresskammern deutlich ausbauen können. Außerdem geht es um die Besetzung von elf Gouverneursposten. In zahlreichen Staaten finden auch Volksentscheide zu verschiedenen Themen statt. In Kalifornien etwa stimmen die Wähler über die Zulässigkeit von Homosexuellen-Ehen ab.

Quelle: ntv.de

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