Sturm auf Rote Moschee Anführer Ghazi tot
10.07.2007, 16:41 UhrNach einwöchiger Belagerung haben pakistanische Sicherheitskräfte die Rote Moschee in Islamabad gestürmt und Dutzende der dort verschanzten militanten Islamisten getötet. Unter den Toten ist deren Anführer, der Hassprediger Abdul Rashid Ghazi. Die genaue Zahl der Toten durch die "Operation Stille" stand am Abend noch nicht fest. Nach unbestätigten Angaben starben mindestens 150 Menschen, darüber hinaus wurde von den Medien eine weit höhere Zahl von Opfern befürchtet, da die Regierung nach Angaben der Rettungsdienste am Abend rund 800 Leichensäcke anforderte. Am späten Dienstagabend lieferten sich Spezialeinheiten nach Angaben des Innenministeriums weiter Kämpfe mit schwer bewaffneten Extremisten. Präsident Pervez Musharraf bezeichnete den Angriff als unvermeidbar.
Die Umstände des Todes von Ghazi, der als eine Symbolfigur der Radikalen galt, bleiben zunächst im Dunkeln. Nach unbestätigten Medienberichten soll der 1964 geborene Ghazi während der Gefechte zunächst von einer Kugel ins Bein getroffen worden sein. Nach einer Version soll er es auch danach noch abgelehnt haben, aufzugeben; nach einer anderen soll er von den Kugeln seiner eigenen Kämpfer getroffen worden sein, als er sich habe ergeben wollen. In seinem letzten Interview kurz nach Beginn des Militäreinsatzes hatte er erklärt: "Wir wurden aufgefordert, uns zu unterwerfen, aber wir haben es abgelehnt. Wir werden sterben, aber das Volk wird Rache nehmen an den Machthabern."
Angriff auf Polizei
Der Kampf um die Moschee hatte am Dienstag vergangener Woche begonnen. Sicherheitskräfte hatten die Moschee umstellt, nachdem radikale Koranschüler eine nahe gelegene Polizeiwache angegriffen hatten. Die Radikalen versuchen seit Monaten, mit Gewalt ihre Forderung nach Einführung des islamischen Rechtssystems in Pakistan durchzusetzen. Tausende Koranschüler und bewaffnete Extremisten hatten sich in dem Gebäudekomplex verschanzt. Hunderte hatten in den folgenden Tagen die Moschee verlassen.
Nach dem Scheitern von Verhandlungen setzten Spezialeinheiten am frühen Dienstagmorgen zum Sturm an. Der Angriff sei unvermeidbar gewesen, sagte Präsident Pervez Musharraf. "Wir haben uns in maximaler Zurückhaltung geübt", sagte er. Dennoch sei keine andere Wahl geblieben als der Angriff. "Aber wir sind so vorgegangen, um das Leben der Kinder und Frauen zu schonen."
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Rauch von dem Gelände aufstieg. Nach Medienberichten starben mindestens 150 Menschen, unter ihnen 17 Soldaten. Noch am Vormittag hatte die Armee die Zahl der Toten mit 58 beziffert.
Schüler "befreit"
Etwa 50 Koranschüler und 30 Koranschülerinnen seien "befreit" worden, hieß es. Darunter sei auch die Frau des am vergangenen Mittwoch auf der Flucht gefassten Leiters der Roten Moschee, Maulana Abdul Aziz. Unklar war, wie viele der Koranschüler - wie vom Militär behauptet - gewaltsam von den Radikalen festgehalten worden waren und wie viele freiwillig in der seit einer Woche belagerten Moschee ausgeharrt hatten. Augenzeugen berichteten, angeblich Befreite hätten "Gott ist groß" gerufen, als sie den Komplex verlassen hätten. Dieser Ruf wird in der Regel von Islamisten benutzt.
Offen ist, wie sich der Tod Ghazis und vieler seiner Getreuen auf das Ringen zwischen der Regierung um Präsident Musharraf und den Islamisten auswirkt, der seit Jahren andauert. Erst vergangene Woche war ein Anschlag auf das Flugzeug des Präsidenten gescheitert, der wegen seiner Unterstützung für die USA im Kampf gegen den islamistischen Terror im Visier der Radikalen ist.
Die US-Regierung bezeichnete die Erstürmung der Moschee als interne Angelegenheit Pakistans. Allerdings sei klar geworden, dass weltweit die Gefahr des Extremismus sehr real sei, sagte der Sprecher des Weißen Hauses Scott Stanzel in Washington.
Quelle: ntv.de