Politik

Afghanische Verbündete als Feinde Angriffe auf Alliierte häufen sich

Vereidigung afghanischer Polizisten in Kabul.

Vereidigung afghanischer Polizisten in Kabul.

(Foto: AP)

In Afghanistan bereiten sich die politischen Gruppierungen auf den Abzug der ausländischen Truppen auf ihre Weise vor. Alliierte Soldaten werden in letzter Zeit verstärkt von verbündeten Einheiten angegriffen. "Die Afghanen wissen, dass sie sich nach dem Abzug der westlichen Truppen für eine Seite entscheiden müssen", so ein ehemaliger Kriegsfotograf.

Immer öfter werden die ausländischen Soldaten in Afghanistan das Ziel von Angriffen ihrer einheimischen Verbündeten. Seit Beginn des Jahres wurden bereits 45 Soldaten durch Angreifer in afghanischer Polizei- oder Armeeuniform erschossen. So starben erst kürzlich auf diese Weise drei australische Soldaten in der Provinz Urusgan. Im August waren derartige Attacken verantwortlich für fast ein Drittel der Verluste des internationalen Bündnisses.

Die Gefahr ist inzwischen so groß, dass die ausländischen Truppen angewiesen sind, sogar innerhalb der eigenen schwer bewachten Lager jederzeit bereit sein müssen zu schießen. Experten sind sich einig, dass in keinem anderen modernen Krieg, Vietnam und Irak eingeschlossen, die einheimischen Verbündeten ihre Waffen so oft gegen die internationalen Einsatzkräfte richteten wie in Afghanistan. Doch über die Gründe der Taten gehen die Meinungen auseinander.

Zwar bekennen sich die Taliban-Rebellen zu den meisten Angriffen, doch nach Ansicht des US-Generals John Allen geht nur ein Viertel der Attacken auf das Konto infiltrierter Aufständischer. Die internationale Afghanistantruppe ISAF macht vor allem kulturelle Unterschiede und persönliche Feindschaften für die Todesfälle verantwortlich. Auch Fabrizio Foschini vom Expertennetzwerk Afghanistan Analysts Network sieht hier einen der Hauptgründe.

Laut dem Experten sagten viele Afghanen, dass sie mit den Russen während der zehnjährigen Besatzung durch die Sowjetunion in den 1980er Jahren besser zurecht gekommen seien als mit den alliierten Truppen heute. "Das ist eine der Entwicklungen, die die ISAF mit besonderer Sorge betrachtet, da sie ein militärischer Rückschlag vor Ort ist und gleichzeitig der eigenen Öffentlichkeit zuhause ein sehr schlechtes Bild vermittelt", sagt Foschini.

Vorkommnisse mit US-Soldaten

Kaum Respekt für Präsident Hamid Karsai.

Kaum Respekt für Präsident Hamid Karsai.

(Foto: AP)

Beobachter verweisen als mögliche Gründe der Spannungen auf die im Februar. Auch ein Video, auf dem und der Amoklauf eines US-Soldaten im Frühjahr hätten das Image der US-Armee in Afghanistan weiter beschädigt. Was immer der Grund für die Zunahme der Angriffe ist, ist in jedem Fall klar, dass sie ein Problem für die Zusammenarbeit darstellen.

Eigentlich soll die ISAF nämlich immer enger mit den einheimischen Sicherheitskräften zusammenarbeiten, um sie auf die Zeit nach dem Abzug der 130.000 ausländischen Soldaten Ende 2014 vorzubereiten, wenn sie allein die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen sollen. Doch das wachsende Misstrauen gefährdet nun diese Kooperation. Auch US-Verteidigungsminister Leon Panetta gab zu, dass ihm die Zunahme der Angriff "große Sorgen" bereite.

Der frühere Kriegsfotograf und Journalistik-Dozent an der Universität von Boston, Nick Mills, sieht in dem bevorstehenden Abzug einen möglichen Grund für die Zunahme der Angriffe. "Die Afghanen wissen, dass sie sich nach dem Abzug der westlichen Truppen für eine Seite entscheiden müssen - die Regierung in Kabul oder die Taliban - und die Regierung in Kabul genießt wenig Respekt oder Glaubwürdigkeit."

Auch der Oppositionsführer und frühere Außenminister Abdullah Abdullah sieht die Regierung als Teil des Problems. Präsident Hamid Karsai sende eine unklare Botschaft aus, wenn er die Taliban als "Brüder" bezeichne und gleichzeitig die USA kritisiere, bemerkt der mögliche Präsidentschaftskandidat für die Wahl 2014. "Man weiß nicht mehr, wen er eigentlich als Feind bezeichnet: die Taliban oder die Amerikaner."

Quelle: ntv.de, AFP

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