"Berlusconi ist nicht am Ende" Anhänger planen Proteste
03.08.2013, 22:11 Uhr
Trotz Verurteilung gut gelaunt: Berlusconi erhält weiterhin viel Unterstützung.
(Foto: AP)
Silvio Berlusconi ist rechtskräftig verurteilt - und erhält prompt Unterstützung. Seine Parteikollegen bringen die ohnehin fragile Regierung in Italien an den Rand einer Krise. Nun wollen Unterstützer des Skandalpolitikers sogar für ihn demonstrieren.
Nach der rechtskräftigen Verurteilung des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hängt das Schicksal der italienischen Koalition am seidenen Faden. Die Minister von seiner rechts-konservativer Partei PdL boten ihren Rücktritt an und setzten so den Partner unter Druck. Indes kündigten Unterstützer Berlusconis eine Demonstration in der Hauptstadt Rom an.
Ministerpräsident Enrico Letta von der PD rief zum Erhalt der Koalition auf, die mit der schwersten Rezession seit 1945 in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone zu kämpfen hat. Lettas Kabinett wird von einer Koalition aus Berlusconis konservativer PdL und der PD getragen.
Der einstige Regierungschef nannte als Preis für den Erhalt des Bündnisses mit der Demokratischen Partei (PD) eine Reform der Justiz, anderenfalls werde er auf Neuwahlen dringen. Dafür will Berlusconi sei alte Partei Forza Italia (Vorwärts Italien) wiederbeleben.
Forderungen werden Napolitano übergeben
Die PdL-Fraktionsvorsitzenden im Senat und im Abgeordnetenhaus, Renato Brunetta und Renato Schifani, wollen an diesem Sonntag Staatschef Giorgio Napolitano, der aus seinem Urlaub in Südtirol nach Rom zurückgekehrt ist, die Forderungen übermitteln. "Es ist nicht möglich zu glauben, den Führer der größten italienischen Partei seiner Freiheit zu berauben, seiner politischen Freiheit, das passt nicht zur Demokratie", betonte Brunetta.
In Rom soll es an gleichen Tag eine Demonstration für Berlusconi geben. Einige Minister haben sich angekündigt, auch der Ex-Regierungschef selbst könnte teilnehmen. Die Proteste werden voraussichtlich nahe seiner Residenz in der römischen Hauptstadt, dem Palazzo Grazioli, stattfinden.
Mit seiner Entscheidung, die Revision Berlusconis gegen seine Verurteilung in einer Steuerstrafsache in letzter Instanz abzuweisen, hatte der Oberste Gerichtshof dem Medienmilliardär zwar einen schweren Schlag versetzt, zugleich aber dessen Kampfbereitschaft angestachelt. Berlusconi, gegen den zahlreiche Prozesse geführt wurden oder anhängig sind, fühlt sich seit jeher als Opfer einer aus seiner Sicht voreingenommenen Justiz.
Von den vier Jahren Haft, zu denen Berlusconi nun rechtskräftig verurteilt wurde, sind ihm drei bereits durch Amnestie erlassen worden. Die restlichen zwölf Monate kann er wegen seines hohen Alters entweder mit gemeinnütziger Arbeit ableisten oder im Hausarrest einer seiner vielen Villen verbringen.
"Berlusconi wird wieder aufsteigen"
"Ein Jahr Hausarrest ist keine lange Zeit. Er wird ganz klar seine Kontakte pflegen und sich nach einem Jahr wieder ins Kampfgetümmel stürzen", sagte Professor Gianfranco Pasquino von der Universität Bologna voraus. Noch nicht entschieden ist über einen mehrjährigen Ausschluss Berlusconis von politischen Ämtern. Darüber wird neu verhandelt.
Auch ein früherer Gefolgsmann sieht den Stern des 76-Jährigen, dem auch Bestechung politischer Gegner und Sex mit minderjährigen Prostituierten vorgeworfen wird, noch lange nicht verglüht. "Warten Sie die nächsten Meinungsumfragen ab", riet der auf Anonymität bedachte Informant. Die Italiener hätten ein Herz für Märtyrer, zu denen auch der "Cavaliere" zähle. "Berlusconi wird wieder aufsteigen."
Auf der anderen Seite ließ Berlusconi nach dem Richterspruch eine gewisse Politikmüdigkeit erkennen. "Ich habe fast das Ende meines Arbeitslebens erreicht", sagte er und schürte damit Spekulationen, er könnte den Staffelstab an seine Tochter Marina abgeben, die bereits die Geschäfte seiner Firma Fininvest-Holding führt.
Davon sind seine Anhänger freilich nicht überzeugt: "Berlusconi wird nur als Toter aus der Politik ausscheiden", sagte der römische Antiquitätenhändler Giuseppe Luca. "Berlusconi ist nicht am Ende", titelte auch "Il Giornale". Die Zeitung muss es wissen, wird sie doch von Berlusconis Bruder herausgegeben.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP