Politik

Institut zerpflückt Pläne der Parteien Arbeitgeber fürchten Wahlgeschenke

IW-Chef Michael Hüther.

IW-Chef Michael Hüther.

(Foto: dpa)

Längst sind die Berliner Politiker im Wahlkampfmodus. Ob Mütterrente, Solidarrente oder Entlastung für Geringverdiener – alle Parteien haben die Geschenkpakete für ihre Wähler offenbar schon geschnürt. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft hat diese nun durchgerechnet – und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis.

Wissenschaftler aus dem Arbeitgeberlager lassen kaum ein gutes Haar an den Wahlprogrammen der großen Parteien. Für das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sind die Versprechungen "Gift für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland". Die Parteien seien "zu einer Politik der Geschenke" zurückgekehrt, die langfristig bis zu 900.000 Jobs kosteten, kritisierte IW-Chef Michael Hüther. Seiner Meinung wäre es "am Besten", alles so zu belassen wie es ist und Reformen bei Rente und Arbeit nicht zurückzunehmen.

Aus ökonomischer Perspektive seien die Wahlversprechen "mal ein mehr, mal ein weniger großes Desaster", kritisierte Hüther. Er warf den Parteien vor, angesichts der wirtschaftlich guten Lage vom Prinzip der Konsolidierung abgewichen zu sein. "Fehler macht man nicht in der Krise, Fehler macht man, wenn es einem gut geht", sagte der IW-Chef.

Im Wahlprogramm von CDU/CSU kritisieren die IW-Experten vor allem die geplanten Mütter- und Lebensleistungsrenten: Die von der Union vorgeschlagenen Maßnahmen führten unterm Strich zu Mehrbelastungen von rund zwölf Milliarden Euro im Jahr. Das würde das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent verringern und kurzfristig bis zu 100.000 neue Jobs verhindern. Generell für verfehlt hält der IW-Chef die Rentenpläne von Union, SPD und Grünen: Sie führten zu einer "Zwei-Klassen-Grundsicherung" mit "teuren Mitnahmeeffekten".

Pläne der Linkspartei am teuersten

Noch weiter reichende Auswirkungen hätten nach IW-Berechnungen die Wahlversprechen von SPD und Grünen - so etwa der höhere Spitzensteuersatz, die Vermögensteuer oder die Solidar- und Garantierente. Die Pläne von SPD und Grünen verursachen nach IW-Berechnungen jährlich jeweils Mehrbelastungen von knapp 60 Milliarden Euro. Durch die Programme beider Parteien drohe eine Einbuße beim Wirtschaftswachstum von jeweils 0,7 Prozent, was kurzfristig bis zu 300.000 Jobs weniger entstehen ließe.

Die höchste Mehrbelastung für die Bürger und den Staatshaushalt ergibt sich laut IW aus den Plänen der Linkspartei mit rund 160 Milliarden Euro pro Jahr. Ausschlaggebend dafür seien vor allem die Steuerpläne sowie die Rücknahme aller bisherigen Rentenreformen. Dies würden den Wirtschaftsforschen zufolge einen Rückgang des BIP um 1,9 Prozent erzeugen, was demnach 800.000 Arbeitsplätze koste würde.

Hüther hält Positiveffekte aus Zusatz-Investitionen auf längere Sicht zwar für möglich, aber schwer bezifferbar. "Es gibt keine Belege dafür, dass die Ankündigung von Steuererhöhungen Wachstumseffekte ausgelöst hätten."

Bei FDP "Vorsicht geboten"

Keine messbaren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation in Deutschland hätten dem IW zufolge die Wahlversprechen der FDP. "Aber Vorsicht ist auch hier geboten - zum Beispiel mit Blick auf die rentenpolitischen Vorstellungen der Liberalen", sagte IW-Chef Hüther. Er betonte, mit seinen Feststellungen seien keine Wahlempfehlungen verbunden. Auf die Frage, welches Wahlprogramm er für das Ehrlichste halte, nannte er das von der Linkspartei.

Die Opposition widersprach den Aussagen der Kölner Wirtschaftsforscher umgehend. Entgegen dem "offensichtlich interessengeleiteten Horrorszenario" des IW würden die Pläne der Sozialdemokraten für ein deutliches Mehr an Beschäftigung sorgen, sagte deren Fraktionsvize Joachim Poß.

Auch die Grünen übten Kritik. "Das IW verkennt die Notwendigkeit, in Zukunftsbereiche zu investieren", konstatierte Budgetexpertin Priska Hinz. Gezielte Investitionen in die Energiewende, in Bildung und Betreuung schüfen hunderttausende Arbeitsplätze, förderten das Wachstum und stärkten Deutschland als Wirtschaftsstandort.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/DJ

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