Zusammenstöße in Kairo Armee entschuldigt sich
26.02.2011, 10:29 Uhr
Am Freitag hatten hunderte Menschen für ein Verfahren gegen Mubarak protestiert.
(Foto: AP)
Nach erneuten Protesten auf dem Kairoer Tahrir-Platz kommt es zu Zusammenstößen mit dem Militär. Doch dieses entschuldigt sich dafür, die Spannungen seien "unbeabsichtigt" gewesen, heißt es. Im Jemen sterben derweil in der Nacht vier Demonstranten nach Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bundespräsident Wulff besucht Kuwait und Katar.
Die ägyptische Armee hat sich für eine vermutlich unbeabsichtigte Auseinandersetzung mit Demonstranten in Kairo öffentlich entschuldigt. Die Armeeführung veröffentlichte eine Entschuldigung und versprach, dies werde sich nicht wiederholen. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo war es am frühen Morgen zu Zusammenstößen zwischen Soldaten und Demonstranten gekommen. Der Militärrat sprach von "unbeabsichtigten Spannungen" zwischen der Militärpolizei und den "Söhnen der Revolution".
Etwa 300 Demonstranten hatten sich nach Beginn der Ausgangssperre um Mitternacht geweigert, den Platz zu verlassen, auf dem am Freitag wieder Zehntausende protestiert hatten. Augenzeugen sagten, als Militärpolizisten begonnen hätten, die Demonstranten mit Gewalt zu vertreiben, hätten diese gerufen "Volk und Armee arbeiten Hand in Hand". Daraufhin habe sich die Lage wieder beruhigt. Einige Aktivisten riefen jedoch zu einem Protest "gegen die Angriffe der Armee auf Demonstranten" auf.
Verfahren gegen Mubarak gefordert
Die Demonstranten hatten am Freitag ein Gerichtsverfahren gegen Ex-Präsident Husni Mubarak gefordert. Außerdem verlangten sie den Rücktritt der Übergangsregierung des noch von Mubarak eingesetzten Ministerpräsidenten Ahmed Schafik und die Aufhebung des Ausnahmezustandes.
Die Soldaten und Offiziere der Armee hatten sich während des Volksaufstandes gegen Mubarak stets herausgehalten, was ihnen die Regierungsgegner hoch angerechnet hatten. Inzwischen wird in Oppositionskreisen jedoch über eine mögliche "Konterrevolution mit Unterstützung der Armee" spekuliert.
Schiitenführer kehrt zurück
Der Schiitenanführer Hassan Muschaimaa kehrt unterdessen nach Angaben eines Freundes aus seinem Londoner Exil nach Bahrain zurück. Muschaimaa saß vorübergehend in Beirut fest, wo ihm die libanesischen Behörden bei einer Zwischenlandung den Pass abgenommen hatten. Sie begründeten dies damit, dass gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorliege. Muschaimaa habe jedoch inzwischen seinen Ausweis zurückerhalten und ein Flugticket gekauft, sagte sein Bekannter Abbas al-Amran.
Muschaimaa hatte angekündigt, in seine Heimat zurückkehren, um zu sehen, ob die Führung des Golfstaats ernsthaft auf ihre Gegner zugehen wolle. Am Donnerstag hatte das Königreich als Zugeständnis an die Demonstranten Muschaimaa und 24 weitere Menschen begnadigt, denen vorgeworfen wurde, einen Umsturz geplant zu haben.
Demo in Algier verhindert
In der algerischen Hauptstadt Algier verhinderten Sicherheitskräfte erneut Proteste von Regierungsgegnern. Wie ein Augenzeuge berichtete, wurden die Demonstranten nicht zum Märtyrer-Platz durchgelassen, auf dem sie sich zu einer Kundgebung versammeln wollten. Hunderte Polizisten versperrten die Zugänge zum Platz und drängten die Demonstranten ab. Als rund 20 Anhänger von Präsident Abdelaziz Bouteflika auftauchten, stellte sich die Polizei zwischen die gegnerischen Gruppen. Die algerischen Sicherheitskräfte haben in den vergangenen Wochen bereits zwei Mal Oppositionskundgebungen verhindert. Demonstrationen sind in dem nordafrikanischen Land verboten, auch nach der Aufhebung des 19 Jahre geltenden Ausnahmezustands am vergangenen Donnerstag.
Die oppositionellen Demonstranten wurden von Said Sadi angeführt, dem Vorsitzenden der Versammlung für Kultur und Demokratie (RCD). Sadi konnte den Polizisten zunächst zweimal entkommen, indem er auf ein Polizeifahrzeug kletterte, wurde von den Beamten aber mit Waffengewalt heruntergeholt. Der RCD-Abgeordnete Mohamed Khendek sagte, er sei von Polizisten mit dem Stock auf den Bauch geschlagen worden. Er habe sich den Beamten widersetzt, als diese Sadi angriffen. Er sei bewusstlos ins Krankenhaus gebracht worden, aber nicht verletzt. Sadi und seine Anhänger kündigten an, jeden Samstag auf die Straße gehen zu wollen.
Vier Tote im Jemen
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei wurden unterdessen in der jemenitischen Stadt Aden am Freitagabend mindestens vier Menschen getötet und 40 weitere verletzt. Krankenhausmitarbeiter bestätigten den Tod eines weiteren Menschen, nachdem zuvor von drei Toten die Rede gewesen war. In der Hauptstadt Sanaa und der Nachbarstadt Taes wurden zudem insgesamt drei weitere Menschen getötet.
Tausende Demonstranten hatte sich bis in die Nacht in Aden, der größten Stadt im Süden des Landes, Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften geliefert. Die Polizei schoss mit scharfer Munition, um die Proteste gegen Staatschef Ali Abdallah Saleh aufzulösen. Ein Augenzeuge sprach von "wahren Kriegssz
Mehrere wichtige Stammesführer haben sich derweil mit zehntausenden ihrer Anhänger von Saleh losgesagt. Bei einer Stammesversammlung in Amran nördlich der Hauptstadt Sanaa schlossen sich Führer der Hasched und der Bakil, zwei der bedeutendsten Stämme des arabischen Landes, der Opposition an, wie aus Stammeskreisen verlautete. Einer der Führer der Hasched, Scheich Hussein bin Abdallah el Ahmar, verkündete seinen Austritt aus der Partei Salehs, um "gegen die Repression friedlicher Demonstranten in Sanaa, Tais und Aden" zu protestieren.enen". Seit Beginn der Proteste Ende Januar wurden in Aden damit mindestens 16 Menschen getötet.
Wulff bereist die Golfregion
Unter dem Eindruck der reist derweil Bundespräsident Christian Wulff in die Golfregion. Erste Station ist das Emirat Kuwait, wo Wulff mit seiner Frau Bettina an den Feiern zum 50. Jahrestag der Staatsgründung teilnehmen wird. Am Abend reist der Bundespräsident nach Katar weiter, wo er bis Montag bleibt. Eine Reise ins benachbarte Bahrain hatte er wegen der blutigen Unruhen dort vor Tagen abgesagt.
Zentrales Thema der Reise wird der Umbruch in Arabien sein. Wulff sagte dazu vor der Abreise: "Ich bin davon überzeugt, dass wir gerade jetzt mehr deutsches Engagement in der arabischen Welt brauchen, nicht weniger." Vor allem in Katar erhofft sich die deutsche Wirtschaft Milliarden-Aufträge. Bahnchef Rüdiger Grube, Hochtief-Spitzenmann Herbert Lütke-Stratkötter und ein VW-Vorstand begleiten den Bundespräsidenten bei dieser Station. In Katar findet 2022 die Fußball-WM statt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP