Trauerfeier für einen Aktivisten Assad lässt schießen
16.10.2011, 16:59 Uhr
Sied al Obeidi wurde von Sicherheitskräften ermordet.
Die Ankündigung von Syriens Präsident Assad klingt fast nach Einsicht: Binnen vier Monaten soll eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Gleichzeitig geht er gnadenlos gegen Regimegegner vor. Bei einer Trauerfeier lässt er nun offenbar in die Menge schießen. In Homs filzen seine Schergen Häuser und nehmen hunderte Menschen fest.
Syrische Sicherheitskräfte haben auf tausende Teilnehmer der Beerdigung eines am Vortag getöteten Regierungskritikers geschossen. Zur Beisetzung des getöteten Aktivisten Sied al Obeidi waren in der östlichen Stadt Deir Essor rund 7000 Menschen versammelt, als Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, zu der Obeidi gehörte, mitteilte. Die Trauerfeier entwickelte sich demnach zu einer Kundgebung gegen die Regierung von Präsident Baschar al Assad. Über mögliche Tote oder Verletzte nach dem Beschuss ist noch nichts bekannt. Obeidi war am Samstag von Sicherheitskräften erschossen worden.
Wie die Beobachtungsstelle weiter mitteilte, setzten die syrischen Behörden zudem ihre seit Tagen andauernden Hausdurchsuchungen in der zentralsyrischen Stadt Homs fort. Binnen einer Woche wurden dort demnach mehr als 900 Menschen festgenommen. Auch bei Durchsuchungen in der Nähe der Hauptstadt Damaskus seien 19 Menschen in Gewahrsam genommen worden. In der Stadt Hama im Zentrum des Landes kamen nach Angaben der amtlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana zwei Sicherheitskräfte "in einem Hinterhalt terroristischer Banden" ums Leben.

Im Exil lebende Syrer protestieren gegen Assads Regime vor der syrischen Botschaft in Kairo.
(Foto: dpa)
Ein Strafgericht in Damaskus setzte unterdessen den seit Monaten gefangenen Oppositionellen Masen Adi auf freien Fuß, wie dessen Anwalt Michel Tschammas sagte. Als Kaution sei eine Summe von umgerechnet rund 435 Euro festgesetzt worden. Zudem solle Adi, der seit Mitte Mai im Gefängnis gesessen hatte, vor Gericht gestellt werden, sagte Tschammas.
Assad: Neue Verfassung in vier Monaten
Staatschef Assad hatte am Samstag die Ausarbeitung einer neuen Verfassung binnen vier Monaten angekündigt. Dazu beauftragte er nach offiziellen Angaben ein 29-köpfiges Gremium unter dem Vorsitz des früheren Justizministers Mishar el Annbari, dem auch der Chef der Kommunistischen Partei, Kadri Dschamil, als Vertreter der "gemäßigten" Opposition angehören soll.
Die Proteste in Syrien hatten Mitte März unter anderem mit der Forderung nach einer neuen Verfassung begonnen, später verlangten die Demonstranten auch den Rücktritt Assads. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Todesopfer in dem Land seit dem Beginn der Unruhen auf inzwischen mehr als 3000.
Quelle: ntv.de, AFP