EU lockert Sanktionen in Elfenbeinküste Auch Ouattara-Kämpfer morden
09.04.2011, 13:48 Uhr
Auch Ouattaras Soldaten werden Mord und Vergewaltigung vorgeworfen.
(Foto: REUTERS)
Während die EU Sanktionen lockert, um so den rechtmäßigen Präsidenten Ouattara zu unterstützen, erhält der abgewählte Präsident Gbagbo Unterstützung durch angolanische Elite-Soldaten. Gbagbos Truppen gewinnen nun wieder Terrain. Berichte über Gräueltaten sowohl von Gbagbo- als auch von Ouattara-Leuten häufen sich.
Die EU hat einen Teil ihrer Sanktionen gegen die Elfenbeinküste aufgehoben. Damit sollten die "legitimen Behörden" des gewählten Präsidenten Alassane Ouattara gestärkt werden, heißt es in einer Mitteilung des Ministerrates in Brüssel. Die Häfen von Abidjan und San Pedro, eine Raffinerie und die Behörde für den Kakaoexport wurden von einer Liste von Unternehmen genommen, deren Vermögen in der EU bisher eingefroren waren.
Damit können auch wieder Zahlungen an diese Unternehmen geleistet werden. Andere Sanktionen gegen den früheren Präsidenten Laurent Gbagbo und dessen Vertraute - beispielsweise Einreiseverbote und das Einfrieren von Konten - bleiben in Kraft. Gbagbo hatte die Präsidentschaftswahlen im November verloren, war aber nicht zurückgetreten.
Schwere Vorwürfe gegen Ouattaras Kämpfer

Etwa 3000 Franzosen und andere Ausländer haben in einem französischen Flüchtlingslager Zuflucht gefunden.
(Foto: REUTERS)
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat den Truppen des international anerkannten Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, Massaker und Vergewaltigungen an hunderten Menschen vorgeworfen. Bei ihrem Vormarsch durch den Westen des Landes Ende März hätten die Kämpfer vermeintliche Gbagbo-Anhänger wahllos hingerichtet, berichtete die Menschenrechtsorganisation unter Berufung auf Augenzeugen. Frauen seien vielfach vergewaltigt worden. Es habe aber auch Berichte über die Tötung von über hundert Männern, Frauen und Kindern durch Truppen Gbagbos gegeben.
"Um die tragischen Ereignisse in der Elfenbeinküste zu verstehen, dürfen keine Unterschiede gemacht werden zwischen Norden und Süden, zwischen Anhängern Gbagbos oder Ouattaras", sagte der Afrika-Direktor von Human Rights Watch, Daniel Bekele. "Unglücklicherweise gibt es auf beiden Seiten Vertreter, die vor der Würde des menschlichen Lebens nur wenig Achtung zeigen".

Französische Soldaten patrouillieren in der Wirtschaftsmetropole Abidjan, früher auch das "Paris Afrikas" genannt, heute eine Geisterstadt.
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Ganze Dörfer seien von den Ouattara-Kämpfern niedergebrannt worden, schrieb die Organisation in einem Bericht. Für diesen hatte HRW nach eigenen Angaben mehr als 140 Zeugen und Angehörige von Opfern entlang der Grenze zwischen der Elfenbeinküste und Liberia sowie in den westlichen Städten Duékoué, Guiglo und Blolequin befragt. Für die Morde verantwortlich waren laut HRW die aus ehemaligen Rebellen bestehenden Republikanischen Kräfte von Ouattaras Regierungschef Guillaume Soro. Viele ihrer Opfer hätten der Volksgruppe der Guéré angehört, die bei den Wahlen im vergangenen November mehrheitlich Ouattaras Gegner Gbagbo unterstützt hätten.
In Blolequin habe es dagegen nach den Augenzeugenberichten ein Massaker an hundert Männern, Frauen und Kindern aus dem Norden des Landes durch Anhänger Gbagbos am 28. März gegeben, hieß es in dem Bericht weiter. Einen Tag später seien zehn Menschen aus dem Norden und angrenzenden Staaten in Guiglo getötet und acht Menschen aus Togo außerhalb von Blolequin ermordet worden.
Angolanische Elite-Einheiten helfen Gbagbo
Gbagbo, dessen Soldaten immer mehr durch Ouattaras Truppen in die Enge getrieben wurden und der sich seit einigen Tagen mit dem Rest seiner Getreuen in seiner Residenz in Abidjan verschanzt hat, wird inzwischen von angolanischen Elite-Soldaten unterstützt. Diese gut ausgebildeten Kommando-Einheiten hätten es den fast schon geschlagen geglaubten Truppen Gbagbos ermöglicht, wieder Teile von Abidjan zu erobern, meldete der französische Rundfunksender Europe 1. Es habe dabei auch Einschläge nahe der Residenz des französischen Botschafters gegeben. Gbagbo hat nach diesen Angaben bestritten, dass seine Kämpfer für den Beschuss verantwortlich seien.
Auch die Vereinten Nationen berichten über Geländegewinne der Gbagbo-Soldaten. Laut UN-Untergeneralsekretär Alain Le Roy stehen sie nur noch einen Kilometer vom "Golf"-Hotel entfernt, in dem die Vereinten Nationen ihr Hauptquartier haben.
Noch wenige Tage zuvor schien es nur eine Sache von Stunden zu sein, bis Gbagbo aufgibt und dem rechtmäßig gewählten Präsidenten Ouattara Platz macht. Le Roy, Chef aller UN-Soldaten weltweit, bestätigte, dass Vertraute von Gbagbo zu den UN-Vertretern gekommen waren, um eine friedliche Übergabe der Macht auszuhandeln. Jetzt sieht es so aus, als sei das nur ein Trick gewesen, um die eigenen Truppen umzugruppieren.
Gbagbos Einheiten setzen nach Le Roys Worten Mörser und andere schwere Waffen ein. "Wenn sie sagen, dass sie keine schweren Waffen mehr haben, stimmt das nicht. Sie haben BM-21[-Geschosswerfer], sie haben Panzer, sie haben RPGs[-Panzerfäuste] und sie setzen sie, während wir hier reden, gegen ihre eigene Zivilbevölkerung ein." Die UN hatten Anfang der Woche Kampfhubschrauber eingesetzt, um Zivilisten vor den schweren Waffen Gbagbos zu schützen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts