Parteien ringen um Mehrheiten Australien wählt die Hängepartie
22.08.2010, 08:13 Uhr
Premierministerin Gillard führt nun Gespräche.
(Foto: dpa)
Australien hat gewählt. Einen Sieger gibt es allerdings nicht. Sowohl die Labor-Regierung, als auch das national-liberale Bündnis erhalten 70 Mandate und verfehlen die Mehrheit im Parlament. Beide Seiten führen nun Gespräche mit Grünen und Unabhängigen. Eine mögliche Minderheitsregierung verunsichert allerdings die Wirtschaft.
Nach den knappen Parlamentswahlen in Australien hat Premierministerin Julia Gillard den Anspruch erhoben, mit ihrer Labor Party an der Macht zu bleiben. Es scheine nun klar zu sein, dass ihre Partei mehr Stimmen als das national-liberale Bündnis von Tony Abbott erhalten habe, sagte Gillard. Es gebe noch einiges zu tun, um eine Mehrheit auf die Beine zu stellen, meinte Gillard.
Auch Abbott gab sich zuversichtlich. "Ich bin sicher, dass wir eine Mehrheit zusammenbekommen", sagte sein Sprecher Andrew Robb. Nach neuesten Angaben der Wahlkommission lag Gillard in der Gunst der Wähler zwar mit 50,69 Prozent vorn, doch schaffte sie nicht die nötigen 76 Sitze für eine Mehrheit im Parlament.
"Hung parliament" droht
Die Kommission gab je 70 Sitze für Labor und die Oppositionskoalition aus Liberalen und Nationalen an, sowie vier Sitze für Unabhängige. In sechs Wahlkreisen war das Ergebnis noch ungewiss. Politiker beider Lager hielten es angesichts der knappen Teilergebnisse für möglich, dass dem Land erstmals seit 70 Jahren ein sogenanntes "hung parliament" drohen könnte, bei dem keine Partei die erforderliche absolute Parlamentsmehrheit erringt. Die vier Unabhängigen wollten in Canberra über eine gemeinsame Strategie beraten, um ihre eigenen Politikvorstellungen durchzusetzen.
Die Labor-Regierung führte derweil erste Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit mit den Grünen. Grünen-Chef Bob Brown traf dazu mit Gillard zusammen. Die Begegnung sei sehr herzlich gewesen, es seien aber keine Vereinbarungen getroffen worden, sagte Brown anschließend. Seine Partei sei nicht in der Position, Forderungen aufzustellen, sondern wolle das bestmögliche Ergebnis für das Land erreichen. Brown will nun auch Oppositionschef Abbott treffen.
Gespräche mit Unabhängigen
Gillard, die erst im Juli Regierungschef Kevin Rudd von der Spitze der Labor Party verdrängt und ihn als Premierminister abgelöst hatte, versprach den Australiern trotz der knappen Mehrheitsverhältnisse eine "stabile und effektive" Regierung. Sie werde in den kommenden Tagen weitere Gespräche mit möglichen Unterstützern im Parlament führen. Sie habe außer mit den Grünen auch Kontakt mit unabhängigen Abgeordneten aufgenommen.
Die Aussicht auf eine Minderheitsregierung verbreitete vor allem in der Wirtschaft des Industriestaates schon im Vorfeld der Entscheidung Unsicherheit. Gillard erklärte, die Lage bedeute noch keine Krise. Australien hat ein Zwei-Kammer-Parlament nach britischem Vorbild. Die Partei, die die meisten der 150 Sitze im Repräsentantenhaus gewinnt, bestimmt den Premierminister.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa