"Zu langsam, starr und komplex" BKA-Chef bemängelt Abstimmung der Polizei
15.11.2017, 19:12 Uhr
BKA-Chef Holger Münch fordert eine Technikrevolution bei der Polizei, keine bloßen Upgrades.
(Foto: dpa)
Die Polizei kann mit der Kriminalitätsentwicklung nicht mehr Schritt halten. Der Grund dafür sind laut BKA-Chef Münch uneinheitliche Standards zwischen den einzelnen Landesbehörden. Eine bundesweite Technologieoffensive soll jetzt die Wende bringen.
Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, hat die Arbeitsabläufe der Polizei im förderalen System der Bundesrepublik kritisiert und als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet. Münch forderte daher einheitliche Standards. "Wir sind zu langsam, unsere Strukturen sind viel zu komplex und starr, um mit der Dynamik der Kriminalitätsentwicklung Schritt zu halten", bemängelte der BKA-Chef.
Um moderne Herausforderungen wie der international vernetzten organisierten Kriminalität, Terrorismus und Digitalisierung zu bewältigen, reiche eine bloße Weiterentwicklung bisheriger Methoden und Instrumente nicht mehr aus. Die Polizei müsse vielmehr neue Wege beschreiten und die Stärken des Föderalismus mit den Vorteilen einer zentralen Organisation kombinieren.
Dabei spiele die Technik eine besonders große Rolle. "Wir brauchen eine gemeinsame IT mit einem gemeinsamen Datenhaus von Bund und Ländern anstelle von 19 Teilnehmersystemen und unterschiedlichen Datentöpfen", forderte Münch. "Und wir brauchen gemeinsame Plattformen für eine effektive Zusammenarbeit in der digitalen Welt anstelle unabgestimmter und inkompatibler Eigenentwicklungen in vielen Ländern oder dem Bund." Bundeseinheitliche Standards und ein einheitlicher Rechtsrahmen seien für die erfolgreiche Modernisierung nötig.
De Maizière fordert "digitale Überlegenheit"
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte anlässlich der BKA-Tagung via Twitter eine "Technologieoffensive für alle Sicherheitsbehörden". Polizei und Geheimdienste bräuchten "mindestens gleichwertige Befugnisse im Internet wie Kriminelle und Terroristen, besser noch digitale Überlegenheit". Die neuen digitalen Ermittlungsmethoden müssten jedoch rechtsstaatlich einwandfrei sein, betonte der CDU-Politiker.
Die Polizei ist in Deutschland in erster Linie Ländersache, daneben betreibt aber auch der Bund eigene Behörden wie das BKA und die Bundespolizei. Kritik an mangelnder Abstimmung der einzelnen Behörden hatte es immer wieder gegeben, besonders heftig im Fall des Attentäters Anis Amri, der im Dezember einen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt verübt hatte.
In diesem Zusammenhang ist es Münch ein besonderes Anliegen, dass die mehr als 700 Gefährder in Deutschland überall gleich bewacht werden. Was passiere, wenn jemand in einem Bundesland eine Fußfessel angelegt bekomme, nach einem Umzug in ein anderes Bundesland aber keine mehr tragen müsse, fragte er. Der islamistische Terrorismus bedrohe alle Menschen im Land gleichermaßen, deswegen müssten überall die gleichen Schutzstandards gelten. "Sicherheit kann ja nicht eine Frage des Wohnorts sein."
Quelle: ntv.de, mba/dpa/rts