Stuttgart 21 könnte teurer werden Bahnchef: Mehrkosten möglich
11.09.2010, 13:58 Uhr"Bei Infrastrukturprojekten kann man nie sagen, was am Ende auf Heller und Pfennig herauskommt", sagt Bahnchef Grube. Laut Bahn soll Stuttgart 21 insgesamt 7 Milliarden Euro kosten. Kritiker schätzen die Kosten weit höher.
Bahnchef Rüdiger Grube hat eingeräumt, dass Kostensteigerungen bei dem umstrittenen Bahnprojekt "Stuttgart 21" und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm möglich seien. "Bei Infrastrukturprojekten kann man nie sagen, was am Ende auf Heller und Pfennig herauskommt", sagte Grube der "Wirtschaftswoche".
Grube nannte als Beispiele für mögliche Kostensteigerungen höhere Sicherheitsanforderungen etwa beim Tunnelbau. "Vor zehn Jahren musste man in Tunneln alle 1000 Meter einen Sicherheitsausgang bauen, heute alle 500 Meter." Wenn zum Beispiel diese Vorschrift künftig wieder geändert würde, "würde es natürlich teurer", sagte er.
"Seriös durchgerechnet"
Grube betonte, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Größenordnung bei beiden Projekten stimme und "seriös durchgerechnet" sei. "Ich war es, der als neuer Bahnchef realistische Zahlen auf den Tisch gelegt hat", sagte er. Laut Deutscher Bahn kostet der neue Stuttgarter Bahnhof rund 4,1 Milliarden Euro und die Neubaustrecke rund 2,9 Milliarden Euro.
Die Kritiker des Projekts gehen von deutlich höheren Kosten aus. Ein vor wenigen Tagen vorgelegtes Gutachten des Münchner Ingenieurbüros Vieregg & Rößler kam zu dem Ergebnis, dass sich allein die Ausgaben für die neue ICE-Trasse auf mindestens 5,3 Milliarden Euro belaufen werden. Die Kosten für das Gesamtprojekt schätzen die Gutachter auf 12 bis 18,7 Milliarden Euro.
Kritik am Bauvorhaben schon 1994 im Bahn-Vorstand
Laut "Spiegel" wurde das umstrittene Bahnprojekt im Vorstand der Deutschen Bahn bereits im Februar 1994 als unwirtschaftlich bewertet. "Selbst bei der Addition günstigster Annahmen" würde sich der Bau nicht rechnen, zitierte das Magazin aus einem internen Vorstandspapier. Empfohlen wurde demnach darin "Anfahrt Stuttgart Hbf wie heute". Bahn-Ingenieure hätten kritisiert, dass sich keine nennenswerte Reiseverbindung durch den neuen Durchgangsbahnhof verbessern werde.
An einer Demonstration gegen Stuttgart 21 beteiligten sich am Freitagabend laut Polizei etwa 35.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von fast 70.000 Teilnehmern - ein neuer Rekord. "Stuttgart 21" gilt als derzeit größtes Infrastrukturprojekt in Europa. Die politischen Folgen könnten bis nach Berlin reichen: In einem halben Jahr wird in Baden-Württemberg gewählt. Umfragen zufolge könnten die Grünen vor der SPD liegen und mit ihr zusammen die schwarz-gelbe Landesregierung ablösen.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP