Nur "allgemein übliche Badekleidung" Bayerischer Bürgermeister verbietet Burkini
09.06.2016, 20:53 Uhr
Zu viel Stoff? Muslimische Schwimmerin in einem Burkini.
(Foto: picture alliance / dpa)
Eine junge Muslimin bringt in einem kleinen Vorort von Regensburg die gewohnte Ordnung ins Wanken - zumindest die Badeordnung. Doch der Bürgermeister verteidigt wacker die abendländische Badekleidung.
Unversehens ist der 13.000-Einwohner-Ort Neutraubling in den Fokus der Integrationsdebatte in Deutschland gerückt. Dafür reichte offenbar aus, dass kürzlich zum ersten Mal eine einzige junge Muslimin in einem zweiteiligen Ganzkörper-Badeanzug im städtischen Hallenbad erschien.
Über den - einmaligen - Besuch der bekleideten Mitschwimmerin beschwerten sich andere Badegäste. Sie empfanden den sogenannten Burkini als "unhygienisch". Um die abendländisch-Neutraublinger Badeordnung vor der drohenden Islamisierung zu schützen, machte der Bürgermeister des Regensburger Vororts, Heinz Kiechle, den Vorfall umgehend zur Chefsache. Der CSU-Politiker ließ ein zusätzliches Schild am Hallenbad anbringen, auf dem es heißt: "Sehr verehrte Badegäste, die Benutzung unseres Hallenbads ist nur in üblicher Badekleidung (Badeanzug/Bikini bzw. Badehose) gestattet." Ein faktisches Burkini-Verbot, auch wenn Kiechle gegenüber der Presse betont: "Ein Burkini-Verbotsschild gibt es nicht."
Bürgermeister Kiechle stützt seine Entscheidung auf die Satzung für die Benutzung des Hallenbads, die aus hygienischen Gründen eine allgemein übliche Badekleidung - also Badehose, Badeanzug oder Bikini - fordert. Dies schließe Sporthosen, Taucheranzüge, T-Shirts, kurze Jeans "oder eben auch Burkinis" aus.
Gutachten finden Burkini nicht unhygienisch
Zudem, gibt Kiechle zu bedenken, habe die Stadt doch extra den Frauenbadetag für "sensible" Badegäste eingeführt. Warum da noch eine spezielle Badekleidung notwendig sein solle, "ist für mich nicht nachvollziehbar", so Kiechle. Dass das Bad allerdings von außen durch eine Glasfront einsehbar und zudem mangels weiblichen Personals ein männlicher Bademeister anwesend ist, erwähnt der Bürgermeister nicht. Er fragt sich stattdessen, was der Burkini als eine "Erfindung jüngster Zeit" überhaupt mit freier Religionsausübung zu tun habe.
Nicht weniger als dieses zentrale Menschenrecht sieht aber die Opposition durch die Neutraublinger Badeordnung gefährdet. "Artikel vier des Grundgesetzes gewährleistet in Deutschland Religionsfreiheit und schützt die Ausübung eines Glaubens, wozu auch das Tragen vorgeschriebener Kleidung zählt", zitiert die "Münchener Abendzeitung" die Sprecherin der Grünen Jugend Ostbayern, Mirjam Körner. Auch die SPD im Ortsrat soll das Burkini-Verbot kritisiert haben.
Dabei ist Neutraubling bei Weitem nicht der erste Ort, der eine erhitzte Burkini-Debatte führt - meistens führten die Auseinandersetzungen jedoch zu einer Zulassung des Ganzkörperbadeanzugs. In Konstanz ließ die Stadt nach entsprechenden Beschwerden in einem Gutachten der dortigen Universität wissenschaftlich feststellen, ob Burkinis unhygienisch sind. Ergebnis: ein klares Nein. Burkinis gelten nun als "übliche Badekleidung".
Quelle: ntv.de, mbo