Neue Hinweise auf NSU-Kontakte? Behörde wertete Corelli-Handys falsch aus
22.06.2016, 07:38 Uhr
Thomas Richter starb 2014 im Alter von 38 Jahren an einer bis dahin nicht erkannten Diabetes-Erkrankung.
(Foto: dapd)
Und wieder steht der Verfassungsschutz schlecht da: Wie jetzt bekannt wird, existieren mehrere Handys des V-Manns Corelli, die nicht oder falsch ausgewertet wurden. Sie könnten zeigen, ob der Spitzel Kontakt zu dem Neonazi-Trio im Untergrund hatte.
Im Fall des 2014 überraschend gestorbenen V-Manns Thomas Richter alias Corelli muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz neuen Fragen stellen: Wie der RBB berichtet, sind mehrere weitere von Corelli benutzte Handys bekannt geworden, die nicht oder nur unvollständig ausgewertet worden seien. Der Neonazi-Spitzel soll sie zwischen 2007 und 2011 benutzt haben. Wann und wie sie in den Besitz des Verfassungsschutzes geraten sind, lässt der RBB-Bericht offen.
Corelli steht im Verdacht, Kontakt zum sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund – kurz NSU – gehabt zu haben. Frühere Nachforschungen des Bundestagssonderermittlers Jerzy Montag hatten diese Vermutung nicht bestätigt. Die nun in Rede stehenden Handys könnten neue Hinweise liefern. Sie wurden von Corelli in einem Zeitraum verwendet, in dem der NSU bereits abgetaucht war.
Schon zuvor waren Zweifel am Ergebnis der Spurensuche Montags laut geworden. Anfang Mai war bekannt geworden, dass in einem Panzerschrank des Verfassungsschutzes ein vermisst geglaubtes Handy aufgetaucht war, das Corelli zugeordnet wurde. Er soll es 2012 kurz vor der Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm benutzt und schließlich seinem V-Mann-Führer übergeben haben. Ende Mai wurden dann in den Unterlagen des V-Mann-Führers mehrere Sim-Karten gefunden, die Corelli ebenfalls im Herbst 2012 eingesetzt hatte. Handy und Sim-Karten werden vom Bundeskriminalamt derzeit ausgewertet.
Montag ermittelt wieder
Der NSU flog Ende 2011 auf. Die beiden Funde im Mai beziehen sich also auf eine Zeit, in der Corelli keinen Kontakt mehr zu dem Neonazi-Trio gehabt haben konnte. Anders die nun in Rede stehenden Handys aus der Zeit zwischen 2007 und 2011: Laut RBB befinden sich darauf noch Daten. Ob sie eine Verbindung zwischen Corelli und NSU belegen, ist noch unklar.
Sicher ist, dass die Handys den Bundesverfassungsschutz in neue Bedrängnis bringen. Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses hatten die Behörde schon für die Funde im Mai heftig kritisiert. Deren Chef Hans-Georg Maaßen hatte damals noch das verloren gegangene Handy und die Sim-Karten mit Schlampigkeit und der angeschlagenen Gesundheit des V-Mann-Führers von Corelli erklärt. Der Ausschuss hatte als Reaktion Sonderermittler Montag wieder eingesetzt. Mit den nun aufgetauchten Handys bekommt der Grünen-Politiker neue Aufgaben.
Quelle: ntv.de, jog