Politik

Deutscher in Moskau getötet Behörden vermuten Attentäterin

Noch ist der Anschlagsort mit Sperrbändern abgeriegelt. Der Flugbetrieb läuft aber wieder weitgehend normal.

Noch ist der Anschlagsort mit Sperrbändern abgeriegelt. Der Flugbetrieb läuft aber wieder weitgehend normal.

(Foto: dpa)

Russische Behörden ermitteln fieberhaft, um die Hintermänner des Terroranschlags auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo zu finden. Die Ermittler verdächtigen islamistische Extremisten aus dem Nordkaukasus. Die Tat beging vermutlich eine Frau, ergibt die Auswertung der Überwachunsgvideos. Unter den 35 Todesopfern ist auch ein Deutscher.

Der mutmaßliche Selbstmordanschlag im Moskauer Flughafen Domodedowo wurde möglicherweise von einer Attentäterin und einem Komplizen verübt. Die Explosion habe sich in einem Moment ereignet, als eine Frau in Begleitung eines Mannes ihre Tasche geöffnet habe, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf Polizeikreise. Die Art des Anschlags entspreche der "üblichen" Vorgehensweise von Attentätern "aus dem Nordkaukasus".

Bei dem Anschlag waren am Montag mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen und mehr als hundert weitere verletzt worden. Die Explosion ereignete sich in der Ankunftshalle des internationalen Terminals. Berichten zufolge sollen fünf bis sechs Kilogramm Sprengstoff detoniert sein.

Deutscher unter den Toten

Die Überwachungsaufnahmen unmittelbar vor der Explosion und zum Zeitpunkt der Detonation.

Die Überwachungsaufnahmen unmittelbar vor der Explosion und zum Zeitpunkt der Detonation.

(Foto: REUTERS)

Bei dem Anschlag kam auch ein Deutscher ums Leben. Er stammt aus Köln und befand sich auf einer Dienstreise seines Remscheider Arbeitgebers Vaillant, wie ein Sprecher des Heiztechnikunternehmens sagte. Der 34-Jährige arbeitete demnach als Logistikspezialist für Vaillant und sollte bei einem russischen Tochterunternehmen in Moskau helfen, die Logistikprozesse zu verbessern. Der Terroranschlag ereignete sich kurz nach der Ankunft des Mannes in Moskau. Nach russischen Medienberichten ist unter den rund 180 Verletzten auch eine deutsche Frau, die im Krankenhaus behandelt wird.

Schwierige Identifizierung

Gerichtsmediziner sind unterdessen dabei, weitere Opfer zu identifizieren. Dies sei schwierig, weil viele Menschen von der Druckwelle der Bombe und durch umherfliegende Metallteile des Sprengsatzes zerrissen worden seien, sagten Ärzte. Zahlreiche Verletzte schweben weiter in Lebensgefahr.

In der Flughafenkapelle fand ein spontaner Trauergottesdienst statt.

In der Flughafenkapelle fand ein spontaner Trauergottesdienst statt.

(Foto: AP)

Das russische Zivilschutzministerium veröffentlichte die ersten Namen der Todesopfer auf seiner Internetseite. Demnach starben acht Ausländer, darunter zwei Briten und ein Bulgare. Die Moskauer Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda" publizierte eine Namensliste mit Geburtsjahr und Staatsangehörigkeit unter Berufung auf Ermittlerkreise.

Eklatante Sicherheitslücken

Russlands Präsident Dmitri Medwedew bezeichnete das Unglück als "Terrorakt" und wies dem Flughafenbetreiber die Verantwortung dafür zu. Es müsse "eindeutig Sicherheitslücken" gegeben haben, um "eine solch große Sprengstoffmenge" in den Flughafen zu bringen, wurde Medwedew von der Nachrichtenagentur Interfax zitiert. Jeder, der in Domodedowo Entscheidungen getroffen habe, müsse sich seiner Verantwortung stellen. Medien zufolge hatte der FSB bereits seit einigen Tagen Hinweise auf einen bevorstehenden Terrorakt in Moskau.

Es habe eklatante Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften gegeben, sagte Medwedew der Zeitung "Wedomosti". Auch das Nationale Anti-Terror-Komitee hatte die Flughafenleitung kritisiert. Medwedew will im Laufe des Tages mit Vertretern des Inlandsgeheimdienstes FSB die Gefahrenlage im Land ausloten. Zuvor hatte er auf Bahnhöfen und Flughäfen sowie an weiteren Verkehrsknotenpunkten eine erhöhte Sicherheitsstufe angeordnet.

In Domodedowo, wo der Flugbetrieb wieder weitgehend normal läuft, legten Passanten Nelken nieder, der Anschlagsort selbst ist mit Sperrbändern abgeriegelt. Einheiten der Sonderpolizei OMON liefen verstärkt Streife. Strenger als sonst mussten die ankommenden Reisenden schon beim Betreten des Flughafengebäudes ihre Taschen zur Kontrolle auf Laufbänder legen und durchleuchten lassen.

Weltweites Entsetzen

Die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt.

Die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt.

(Foto: REUTERS)

Regierungen in aller Welt verurteilten den Anschlag scharf. US-Präsident Barack Obama nannte den Anschlag "abscheulich", Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "feigen Anschlag". Polizeikreisen zufolge handelte es sich um die Tat eines Selbstmordattentäters.

Obamas Sprecher Robert Gibbs sagte, die USA würden die russischen Behörden in jeder möglichen Form unterstützen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich "entsetzt" über den "durch nichts zu rechtfertigenden" Anschlag. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, er verurteile diese "entsetzliche Tat zutiefst". Der Terrorismus sei eine "gemeinsame Bedrohung, der wir uns vereint stellen müssen".

Merkel sprach Russlands Staatschef Medwedew ihr "tief empfundenes Mitgefühl" und den Opfern ihre Anteilnahme aus. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy forderte eine rasche Bestrafung der Drahtzieher des Anschlags. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlangte eine internationale Reaktion gegen den Terrorismus. Kanadas Regierungschef Stephen Harper sagte, die Anwendung von Gewalt gegen unschuldige Menschen dürfe niemals tolieriert werden. Australiens Premierministerin Julia Gillard verurteilte den Anschlag als "brutale Attacke".

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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