Freie Entscheidung über Leben und Tod Belgien stimmt für Sterbehilfe für Kinder
13.02.2014, 19:12 Uhr
Nun haben auch in Belgien Minderjährige unter bestimmten Umständen das Recht, aktive Sterbehilfe zu verlangen.
(Foto: dpa)
Das belgische Parlament legalisiert Sterbehilfe für Kinder. Das Abgeordnetenhaus stimmt mit großer Mehrheit für den Gesetzesplan, der Sterbehilfe für unheilbar kranke und unter schwersten Schmerzen leidende Minderjährige ermöglicht.
Das belgische Parlament hat Sterbehilfe für Kinder legalisiert. Das Abgeordnetenhaus stimmte mit großer Mehrheit für den Gesetzesplan, der Sterbehilfe für unheilbar kranke und unter schwersten Schmerzen leidende Minderjährige ermöglicht. Zuvor hatte das Gesetz, das kein Mindestalter vorsieht, schon den belgischen Senat passiert.
"In der Praxis" existiere Sterbehilfe für Kinder in Belgien ohnehin schon, machte der liberale Abgeordnete Daniel Bacquelaine geltend. Mehrere Befürworter wiesen auf die ihrer Ansicht nach strikten Beschränkungen hin, denen jeder Fall unterliegen würde: Das Kind müsse so krank sein, dass die medizinische Situation ausweglos sei und zum Tode führe, zudem müsse es den Befund dauernder und unerträglicher Schmerzen geben.
Die Zustimmung der Eltern ist ebenfalls Bedingung. Ein Arzt oder Psychologe muss ferner feststellen, dass der Minderjährige "Urteilsfähigkeit" besitzt, wie es im Gesetz heißt. Eine Altersgrenze sieht das Gesetz hingegen nicht vor - anders als in den Niederlanden, wo Sterbehilfe erst für Kinder ab zwölf Jahren möglich ist.
Auch in Deutschland wird seit Längerem über eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe debattiert. Aktive Sterbehilfe, die sogenannte Tötung auf Verlangen, ist hierzulande verboten. Die Deutsche Palliativstiftung kritisiert die Entscheidung der Belgier. "Ich weiß, dass der Wunsch nach Sterbehilfe oft aus Verzweiflung und Nicht-Wissen über die palliative Versorgung heraus aufkommt, aber alle belastenden Symptome schwerstkranker Kinder und Erwachsener können gelindert werden", erklärte der Stiftungsvorsitzende Thomas Sitte in Fulda. Zu wenige Menschen wüssten, dass eine gute Palliativversorgung Sterbehilfe überflüssig mache.
Gröhe nimmt sich des Themas an
Ein Gesetzentwurf der ehemaligen Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der ein Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe gegen Geldzahlung vorsah, war gescheitert. Danach sollten Angehörige und andere nahestehende Menschen straffrei bleiben, die einen Sterbewilligen auf dem Weg zum Sterbehelfer begleiten.
Bundesgesundheitsminister Gröhe (CDU) will nun einen neuen Vorstoß unternehmen. Er setzt sich dafür ein, jede Form der organisierten Hilfe zur Selbsttötung zu verbieten. Roger Kusch, der Vorsitzende des Vereins Sterbehilfe Deutschland, sagte bei n-tv: "Kinder haben genauso das Recht auf ein würdevolles Ende wie Erwachsene und in Belgien gibt es ganz andere rechtliche Strukturen als in Deutschland. Deshalb der Vorstoß in Belgien. Wir haben aber eine liberale Gesetzgebung, deshalb stellt sich diese Frage, die Belgien diskutiert wurde, für uns nicht."
Kusch kenne nach eigenen Angaben keinen "einzigen Fall, in dem in Deutschland ein Kind oder ein Jugendlicher würdelos hätte sterben müssen". Er wünsche sich, dass Vorstöße wie die von Gesundheitsminister Gröhe nicht eine solche Resonanz fänden. "Denn wir haben seit 140 Jahren in Deutschland das liberalste Sterbehilferecht, das die Welt überhaupt kennt. Der Staat mischt sich in die Frage des Suizids seiner Bürger nicht ein. Seit 140 Jahren – und nun kommt Bundesminister Gröhe und will uns zurück ins Mittelalter führen. Das finde ich keinen guten Weg."
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP