Politik

"Haftungsrisiko am Hacken" Berlin ermahnt Athen

Einigie Unklarheiten müssen noch beseitigt werden.

Einigie Unklarheiten müssen noch beseitigt werden.

(Foto: dpa)

Wie geht es weiter im griechischen Schuldendrama? Eines scheint sicher: Die Zeit wird wieder einmal eng. Vermutlich Ende Februar geht es im Bundestag um das dringend benötigte neue Hilfspaket von 130 Milliarden Euro. Der Ton gegenüber Athen verschärft sich deutlich.

Der Bundestag wird voraussichtlich am 27. Februar über das neue Hilfspaket für Griechenland entscheiden. Das wurde in Berlin nach einem Treffen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden bei Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Stand der Hilfen für Athen bekannt. Die Kanzlerin will trotz aller Probleme den eingeschlagenen Rettungskurs für das von der Staatspleite bedrohte Euro-Land weiterverfolgen.

Es sei der "Weg des geringsten Schadens", den sie am meisten verantworten könne, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben in einer anschließenden Sondersitzung der Unionsfraktion. Im Hinblick auf Szenarien einer Staatspleite Athens machte Merkel deutlich, dadurch hätte man "ein Haftungsrisiko am Hacken, das man nicht mehr beherrschen kann". Merkel ist bislang auch strikt gegen einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone.

Die Versprechen Athens
  • Die Troika aus EU, IWF und EZB will das staatliche Rentensystem mit Kürzungen auf Nachhaltigkeit trimmen. In den Verhandlungen war zunächst von Einschnitten bei Zusatzrenten um 35 Prozent die Rede. Später signalisierte die Troika, sich auch mit weniger zufrieden zu geben. Die griechischen Parteien hatten 20 Prozent angeboten. Eine Einigung steht noch aus. Es geht um ein Volumen von 300 Mio. Euro.
  • Die Koalitionsspitzen in Athen haben sich generell auf Ausgabenkürzungen in diesem Jahr von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verständigt. Dies entspricht einem Einsparvolumen von 3,3 Mrd. Euro. Unter anderem sollen bei öffentliche Investitionen 400 Mio. Euro eingespart werden, beim Militärhaushalt 300 Mio. Euro.
  • Eine neue Regierung muss ab Sommer zudem ehrgeizige Sparpläne für die Jahre 2013 bis 2015 auflegen. Ende 2015 soll ein Primärüberschuss im Haushalt erzielt werden. Das heißt, die Staatseinnahmen sollen die Ausgaben übersteigen – Zinszahlungen werden jedoch herausgerechnet.
  • Bei Geldinstituten mit größeren Problemen stärkt der Staat die Kapitalbasis mit Stammaktien. Bei Banken, die weniger stark unter Druck stehen, kommen Wandelanleihen infrage. 
  • Die Löhne werden um 22 Prozent gekürzt. Rund 15.000 Staatsbedienstete werden in eine "Arbeitsreserve" eingruppiert, d.h. sie werden ein Jahr lang auf Teilzeit gesetzt und danach entlassen.  Bis 2015 soll der Staatssektor insgesamt 150.000 Stellen abbauen.

Nach dem Treffen der Fraktionsspitzen im Kanzleramt waren auch die anderen Bundestagsfraktionen zu Sondersitzungen zusammengekommen, über den deutschen Kurs bei der Griechenland-Rettung zu beraten.

Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte vor den Abgeordneten, in der Abwägung halte er "das, was wir tun, für die verantwortliche Lösung". Der Minister machte allerdings klar, dass die Voraussetzungen zur Freigabe weiterer Hilfen für Griechenland noch nicht erfüllt seien. "Es geht nicht darum, die Griechen zu quälen", sondern auf einen Pfad zurückzuführen, damit der Euro-Partner wieder "ein auskömmliches Leben" führen könne.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, das Land müsse noch beweisen, dass es die notwendigen Reformen auch tatsächlich einführt.

Sozialdemokraten sind skeptisch

Mehrere Unionsabgeordnete knüpften ihre Zustimmung zum Hilfspaket erneut an eine eindeutige Umsetzung der Reformvorgaben. "Es macht nur dann Sinn, wenn die Griechen wirklich alle Auflagen erfüllen, wenn es auch in Recht und Gesetz umgesetzt ist", sagte Fraktionsvize Michael Fuchs.

Bei den Sozialdemokraten wächst unterdessen die Skepsis, ob die derzeitigen Maßnahmen ausreichen. "Es braucht eine größere Entschuldung als bisher vorgesehen", sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. "Ich halte das nur noch für Scheingefechte", sagte Schneider mit Blick auf die etwas diffuse Lage zu dem neuen Sparpaket der griechischen Regierung. "Die Eurozone weiß, dass sie Griechenland nicht fallen lassen kann."

Die Bundesregierung mache sich etwas vor, wenn sie denke, wenn man an immer weiteren Schräubchen drehe, etwa Rentenkürzungen, könne Griechenland der Schuldenspirale entrinnen. Griechenland brauche neben einer Entschuldung auch ein Wachstumsprogramm. Eine Insolvenz des Landes hätte man wenn, dann vor zwei Jahren in die Wege leiten müssen. Inzwischen würden aber 60 bis 70 Prozent der Schulden Griechenlands von den europäischen Partnern getragen.

Die Grünen signalisieren Unterstützung für das neue Hilfspaket: "Wir haben eine positive Grundhaltung", sagte Fraktionschefin Renate Künast. Das Paket eröffne mehr langfristige Perspektiven als bisher. "Es geht nicht nur darum, eine nächste Tranche zu bezahlen, es geht auch darum, auf 120 Prozent Verschuldung herunter zu kommen bis 2020."

Schwere Ausschreitungen in Athen

Die Euro-Finanzminister hatten Griechenland weiter unter Druck gesetzt und ihren Beschluss für das neue Hilfsprogramm am späten Donnerstagabend auf kommenden Mittwoch vertagt. Nur wenn Athen innerhalb einer Woche mehrere Bedingungen erfüllt, kann Griechenland mit dem dringend benötigten zweiten Rettungspaket von mindestens 130 Milliarden Euro rechnen. Ohne die Hilfskredite droht dem Land die Staatspleite. Notwendig ist zudem noch ein freiwilliger Schuldenschnitt im Volumen von 100 Milliarden Euro, auf den sich die privaten Gläubiger wie Banken mit Athen einigen müssen. In Griechenland begann derweil ein 48-stündiger Streik. In der Hauptstadt Athen eskalierten die Proteste zu schweren Ausschreitungen vor dem Parlament.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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