Politik

Trotz Wirtschaftskrise Berlin schnürt kein drittes Paket

Deutschland muss 2009 die tiefste Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren verkraften. Die Bundesregierung wird dennoch vorerst nicht mit einem dritten Milliarden-Konjunkturpaket reagieren. Sie stellte aber nach einem Spitzentreffen mit Wirtschaft und Gewerkschaften weitere Hilfen für Unternehmen und Arbeitsmarkt in Aussicht. Am Mittwoch wurde erneut deutlich, dass ein Ende der Wirtschaftskrise und damit der immer neuen Herausforderungen für die Politik längst nicht abzusehen ist.

Die neuen Hiobsbotschaften über die deutsche Wirtschaftsentwicklung kamen aus dem In- und Ausland. Der in Washington ansässige Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet 2009 mit einem Wirtschaftseinbruch von 5,6 Prozent in Deutschland. Die Bundesrepublik muss nach Ansicht der Hüter der Weltwirtschaft unter den europäischen Staaten einen der heftigsten Rückgänge verkraften.

"Schwerer Wirtschaftseinbruch"

Die großen deutschen Wirtschaftsinstitute sehen die Lage noch schwärzer. An diesem Donnerstag wollen sie in ihrem Frühjahrsgutachten verkünden, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 6 Prozent zurückgehen wird - so stark wie noch nie seit der Weltwirtschaftskrise vor fast 80 Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "schweren Wirtschaftseinbruch", verwies aber darauf, dass die deutschen Konjunkturprogramme im Ausland stark beachtet würden.

Die Bundesregierung wird in der kommenden Woche ihre Prognose dramatisch nach unten korrigieren. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, auch er halte eine Fünf vor dem Komma "nicht für unwahrscheinlich". Gemeinsam mit Steinbrück plädierte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) für eine differenzierte Betrachtung der Lage je nach Branche und Region. Es gebe auch Hoffnungsschimmer. Allerdings werde auch im kommenden Jahr die Lage kompliziert sein. DGB-Chef Michael Sommer warnte vor sozialen Unruhen.

Verlängerung des Kurzarbeitergelds

Wie ihre beiden Minister lehnte Merkel ein drittes Konjunkturprogramm klar ab. Nach dem Treffen stellte Steinbrück in Aussicht, die Unternehmen könnten kurzfristig steuerlich entlastet werden. Er zeigte sich offen für Forderungen aus der Wirtschaft, Verluste steuerlich besser verrechnen und Zinsaufwendungen stärker absetzen zu können.

Weiterhin ist die Regierung nach den Worten beider Minister bereit, über eine neuerliche Verlängerung des Kurzarbeitergelds von derzeit 18 Monaten zu reden. Außerdem könne darüber nachgedacht werden, dass die Bundesagentur für Arbeit Sozialversicherungsbeiträge stärker als bisher übernimmt, um Arbeitsplätze zu sichern. Die Regierung erwägt auch weitere Exportgarantien.

Keine Grundlage für drittes Paket

Guttenberg unterstrich, dass es von der Mehrheit der Teilnehmer des Spitzengesprächs mit Ausnahme der Gewerkschaften keine Forderungen nach einem dritten Konjunkturprogramm gegeben habe. Es habe "keinen Forderungsmarathon" gegeben. Die Teilnehmer seien sich weitgehend einig gewesen, dass bereits ein "Gerede" über ein drittes Programm jeglicher Grundlage entbehre.

Mangelndes Vertrauen innerhalb der Bankenbranche sorgt nach Steinbrücks Worten weiter dafür, dass die Kreditvergabe in der Wirtschaft nicht richtig in Gang kommt. Man könne zwar nicht generell von einer Kreditklemme sprechen, fügte er hinzu. Vor allem der Mittelstand klage über die Zurückhaltung der Banken.

Einigkeit beim Kampf um Arbeitsplätze

BDI-Präsident Hans-Peter Keitel sprach von einem "informativen Gespräch". Alle seien sich einig gewesen, dass auch im nächsten Jahr alles gemeinsam dafür getan werden müsse, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. DGB-Chef Sommer sagte, es müssten weitere energische Maßnahmen ergriffen werden. "Dazu gehört auch, im Bereich der Investitionen und der Konjunkturstützung wesentlich mehr zu machen. Die Bereitschaft seitens der Bundesregierung, da nachzusteuern, war heute nicht spürbar." Kritik kam von der Linkspartei. Ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine erklärte, das Treffen habe die Spesen nicht gelohnt.

Mit der neuen Steuerschätzung befasste Experten gehen davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden in diesem und in den kommenden vier Jahren bis zu 200 Milliarden Euro weniger einnehmen werden als bisher erwartet. Das berichtete die "Berliner Zeitung". Allein im laufenden Jahr fehlen danach aufgrund der Rezession zwischen 25 und 30 Milliarden Euro.

Quelle: ntv.de

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