A100 zunächst auf Eis Berliner SPD versuchts mit Grünen
26.09.2011, 20:50 UhrDie Berliner SPD bietet den Grünen Koalitionsgespräche zur Bildung einer Landesregierung an. Zuvor stimmen bereits die Grünen für ein rot-grünes Bündnis. Möglich wird die Koalition, nachdem bei der Sondierung ein Kompromiss für die umstrittene Stadtautobahn A100 gefunden wurde.
SPD und Grüne in Berlin wollen eine gemeinsame Landesregierung bilden. Der Landesvorstand der Sozialdemokraten stimmte "mit überwältigender Mehrheit" für die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, sagte Landesparteichef Michael Müller vor Journalisten. Es habe drei Gegenstimmen gegeben. Man habe sich bei der Sondierung in allen wesentlichen Fragen geeinigt, sagte Müller.
Zuvor hatte sich bereits der Landesvorstand der Grünen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD ausgesprochen. Auf Seiten der Grünen muss noch ein Landesparteitag der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zustimmen. Er findet am Freitag statt.
"Wir haben den Eindruck, dass sich zwei Partner ernsthaft auf eine neue, tragfähige Koalition einlassen wollen", sagte die Grünen-Landesvorsitzende Bettina Jarasch. Nach Ansicht des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Volker Ratzmann haben SPD und Grüne einen Kompromiss gefunden, der Gestaltungsräume öffne. Jarasch gab zu, ganz einfach werde die Zusammenarbeit nicht. "Klar ist, hier kommen zwei eigenständige Partner auf Augenhöhe zusammen, die vieles verbindet, die aber auch bedeutende Unterschiede mitbringen."
Wowereit hob hervor, dass es sich die SPD mit der Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Die CDU, mit der auch sondiert worden war, habe "erfreulich große Kompromissbereitschaft" gezeigt. Doch nun habe sich die SPD für die Grünen entschieden. Beide Parteien stünden für "die klare Ansage: Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung werden mit ökologischer Nachhaltigkeit verbunden."
Zugeständnis bei A100
Die Verständigung auf Koalitionsverhandlungen war möglich geworden, nachdem beide Parteien in den vorherigen Sondierungsgesprächen einen Kompromiss beim größten Streitthema, der Verlängerung der Stadtautobahn A 100, erzielt hatten. Dieser sieht vor, dass das von den Grünen kritisierte Straßenbauprojekt zwar nicht aufgegeben wird. Es soll aber versucht werden, die Gelder des Bundes für das Vorhaben für andere Zwecke zu nutzen. Gelingt dies nicht, würde die A 100 demnach gebaut.
Das 3,2 Kilometer lange Autobahnteilstück von Neukölln nach Treptow war zwischen SPD und Grünen besonders heiß umstritten. Die Mehrheit der SPD sah darin einen wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftsaufschwung in Berlin und zur Verkehrsentlastung östlicher Stadtbezirke. Die Grünen hatten bis zur Wahl die Verlängerung der A100 als verkehrspolitisch unsinnig, mit 420 Millionen Euro viel zu teuer und rückwärtsgewandte Betonpolitik der SPD abgelehnt.
Noch Verhandlungsbedarf
Der SPD-Vorstand hielt in weiteren sieben Punkten fest, was ihm in den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen wichtig sei. Dazu zählt die Beibehaltung der Gebührenfreiheit in der Bildung. Daran hatten die Grünen in der Opposition Zweifel angemeldet.
Die Grünen setzten die Erarbeitung eines neuen Klimaschutzgesetzes durch. Die SPD hält dazu die Gleichrangigkeit ökologischer Ziele mit dem Grundsatz der Sozialverträglichkeit fest. Ferner sprechen sich SPD und Grüne für den Bau der Tangentialverbindung Ost und den Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek aus.
Die SPD mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit hatte nach der Wahl vom 18. September zunächst sowohl mit den Grünen als auch mit der CDU sondiert. Die konstituierende Sitzung des Landesparlaments soll am 27. Oktober stattfinden. Die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen werden bis dahin aber möglicherweise noch nicht abgeschlossen sein.
In den vergangenen knapp zehn Jahren hatte die SPD mit der Linken in Berlin regiert. Wegen des schlechten Ergebnisses der Linken bei der jüngsten Wahl wies vieles auf eine rot-grüne Koalition hin. Die SPD hatte auch mit der CDU Gespräche geführt. Bereits vor zwanzig Jahren hatte es in Berlin kurzzeitig eine rot-grüne Koalition gegeben, die aber im Streit auseinanderging.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa