Sex-Äffäre mit "Ruby" vor Gericht Berlusconi droht kaum Gefahr
15.02.2011, 17:13 Uhr
Immer noch ein As im Ärmel: Bislang konnte Berlusconi alle Prozesse abwehren.
(Foto: REUTERS)
Berlusconis Gegner triumphieren: Eine Sex-Affäre bringt den italienischen Ministerpräsident vor Gericht. Im Fall einer Verurteilung droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Doch ihre Hoffnung ist verfrüht. Nur politisch kann der "Cavaliere" zum Rücktritt gezwungen werden.
Endlich. Am Ende gibt es doch so etwas wie Gerechtigkeit, die italienische Justiz ist nicht so zahnlos wie es schien und selbst der mächtigste Mann im Staat kann sich nicht auf Dauer immunisieren. Silvio Berlusconi wird der Prozess gemacht, weil er eine Affäre mit der damals minderjährigen Prostituierten "Ruby" gehabt haben soll und sie zudem noch mit persönlichem Einsatz vor dem Gefängnis rettete. Was er sogar zugibt. Ab dem 6. April muss der 74-Jährige vor Gericht erscheinen. In einem Schnellverfahren wird gegen ihn verhandelt. Im Fall einer Verurteilung droht ihm eine Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs (bis zu zwölf Jahre) oder Umgang mit einer minderjährigen Prostituierten (bis zu drei Jahre). Die Schlinge um Berlusconis Hals zieht sich zu, der Premier scheint am Ende zu sein.
Für Berlusconis Gegner ist der bevorstehende Prozess wie das lang ersehnte gute Ende eines bösen Märchens. Allerdings sollten sie mit ihrem Triumphgeheul vorsichtig sein. Ihre Hoffnungen auf einen baldigen Sturz des italienischen Regierungschefs könnten sich schnell als trügerisch erweisen. Berlusconi ist keineswegs am Ende. Eine Verurteilung wegen "Ruby-Gate" kann noch Jahre dauern. Und er wird alle Möglichkeiten nutzen, um den Prozess zu verzögern, wenn nicht gar doch noch zu verhindern.
Neues Immunitätsgesetz?
Seit das italienische Verfassungsgericht im Januar Teile des auf Berlusconi maßgeschneiderten Immunitätsgesetzes gekippt hat, ist der Premier politisch zwar wieder angreifbar. Doch ein neuer, verfassungskonformer Rechtsschutz ist im Parlament bereits in Arbeit, sagt Stefan Köppl, Italien-Experte an der Akademie für politische Bildung in Tutzing. Allerdings hält es der Politikwissenschaftler angesichts der nur hauchdünnen Mehrheit im Parlament derzeit nicht für politisch durchsetzbar. Diesen Joker scheint Berlusconi also vorerst nicht spielen zu können.
Trotzdem meint Köppl nicht, dass der bevorstehende Prozess den Regierungschef stürzen kann. "Die Gefahr für Berlusconi geht weniger vom Verfahren selbst aus, als von dem politischen Schaden, den die Affären anrichten", sagt er im Gespräch mit n-tv.de. Denn die Mühlen der italienischen Justiz mahlen langsam. In Mailand beginnt der Prozess in erster Instanz, bis zu drei Rechtsstufen sind aber möglich. Deshalb kann es nach Einschätzung Köppls noch Jahre dauern, bis ein rechtskräftiges Urteil in der Sache fallen wird. Zumal Berlusconis Anwälte Experten darin sind, Verfahren juristisch in die Länge zu ziehen.
Zwei Szenarien

"Ruby-Gate": Die damals minderjährige Prostituierte könnte zum Stolperstein für den italienischen Premier werden.
(Foto: REUTERS)
Köppl hält deshalb zwei andere Szenarien für möglich: Entweder werde der politische Druck durch die Affären und das Verfahren so groß, dass der Premier weitere Unterstützer und schließlich seine Mehrheit im Senat verliert. Oder aber es läuft in bewährter Berlusconi-Manier – der Premier sitzt die Affäre aus, kann seine Getreuen noch einmal um sich scharen und sich im Sattel halten.
Die Anzeichen für eine schwindende politische Mehrheit sind durchaus deutlich. "Berlusconis Popularitätswerte sind im Keller", sagt Köppl. Klassisch konservative Kräfte wenden sich angesichts der Sex-Affären mit pikanten Details vom Premier ab. Auch die katholische Kirche kritisierte Berlusconi bereits öffentlich. Affären seien in Italien zwar nicht unüblich, doch öffentlich dürfen sie nicht werden. "Wenn Berlusconi weitere Senatoren weglaufen, ist ein erfolgreiches Misstrauensvotum möglich", sagt Köppl. Das letze ist nur knapp gescheitert.
Wird Fini gefährlich?
Allerdings könnte selbst ein Sturz mit anschließenden Neuwahlen keine Garantie sein, dass Berlusconi von der politischen Bühne verschwindet. "Es ist nicht auszuschließen, dass nach einem Sturz sein Parteienbündnis überlebt, noch einmal antritt und am Ende er wieder regiert", sagt Köppl. Begünstigt wird ein solches Szenario durch das neue italienische Wahlgesetz, das dem Sieger selbst bei einem nur hauchdünnen Vorsprung im Parlament die absolute Mehrheit garantiert.
Entscheidend wird deshalb sein, was mit Berlusconis Partei im Fall eines Rücktritts passiert und ob sich ein Herausforderer findet, der dem Premier gefährlich werden kann. Die Linke in Italien ist bislang hoffnungslos zerstritten und bringt keinen charismatischen Kopf hervor. Aber mit Berlusconis ehemaligem Verbündeten Gianfranco Fini könnte durchaus ein Mann bereit stehen, der im Mitte-Rechts-Lager mehrheitsfähig ist.
Auf ein Szenario festlegen möchte sich Köppl nicht. Zu unsicher sind die Erfolgsaussichten von Berlusconis Gegnern, zu gewieft ist der Premier, als dass sich eine Prognose über seine Zukunft wagen lasse. Nur für die aktuelle Legislaturperiode bis 2013 traut er sich eine Vorhersage zu: "Ich wette eine Flasche Rotwein, dass sie vorzeitig beendet wird."
Quelle: ntv.de