Razzien nach Geiselnahme Bewaffnete stürmen AKP-Büro in Istanbul
01.04.2015, 13:06 Uhr
Polizisten vor dem Justizgebäude, in dem der Staatsanwalt als Geisel genommen wurde: Landesweit gibt es Verhaftungen von mutmaßlichen Mitgliedern und Sympathisanten der DHKP-C.
(Foto: imago/Xinhua)
Die Türkei kommt nach der tödlichen Geiselnahme eines Staatsanwalts nicht zur Ruhe: Zwei Unbekannte dringen in ein Parteibüro der AKP ein. Die Polizei überwältigt die Täter. Ob sie derselben Organisation wie die Geiselnehmer angehören, ist unklar.
In Istanbul haben zwei Bewaffnete das Büro der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP gestürmt. Die Polizei nahm die beiden Angreifer in dem Gebäude im Stadtteil Kartal fest, meldet die Nachrichtenagentur DHA. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar.
Linksextremisten hatten am Dienstag im zentralen Istanbuler Justizgebäude einen Staatsanwalt als Geisel genommen. Die verbotene DHKP-C hatte sich zu der Tat bekannt. Die Polizei beendete die Geiselnahme nach neun Stunden gewaltsam. Die beiden Terroristen und der Staatsanwalt kamen ums Leben. Die genauen Umstände sind noch unklar.
Die Istanbuler Justiz nahm am Mittwoch mit einer Trauerfeier im Gerichtsgebäude im Stadtteil Caglayan Abschied von dem bei der Geiselnahme getöteten Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz. Nach dem tödlichen Ende der Geiselnahme in Istanbul hat die türkische Polizei am Mittwoch mehr als 60 Menschen festgenommen.
Fall Berkin Elvan spaltet die Türkei
Wie die offizielle Nachrichtenagentur Anadolu meldete, wurden im südtürkischen Antalya 19 mutmaßliche Linksextremisten in Gewahrsam genommen. In den westtürkischen Städten Izmir und Eskisehir kamen jeweils fünf weitere Menschen in Haft. Bei einer weiteren Polizeiaktion in Istanbul nahmen die Behörden 36 Studenten fest, die an einer Gedenkfeier für einen der Geiselnehmer teilgenommen hatten.
Der getötete Staatsanwalt ermittelte in dem politisch bedeutenden Fall Berkin Elvan. Der Jugendliche Berkin Elvan war bei den Gezi-Protesten im Sommer 2013 von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen worden. Er starb nach neun Monaten im Koma.
Die DHKP-C, kurz für Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front, existiert seit 1978 und kämpft seither gewaltsam gegen den türkischen Staat. Zu ihren Zielen gehören türkische Sicherheitskräfte und Einrichtungen des "US-Imperialismus". Dabei setzt sie auch Selbstmordattentäter ein.
Zuletzt prangerte die DHKP-C unter anderem die Korruption im Regierungsapparat an. Nach Anschlägen im vergangenen Jahr bezog sich die Gruppe auf den Tod von Berkin Elvan und forderte dessen Aufarbeitung durch die Justiz. Ziel der Geiselnahme war es, dass die Justiz die Namen der für den tödlichen Gezi-Einsatz verantwortlichen Polizisten veröffentlicht.
Quelle: ntv.de, jog/AFP