100 Tage Grün-Rot Bilanz mit Krach und Zuversicht
17.08.2011, 18:02 Uhr
(Foto: dapd)
Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Kretschmann und sein SPD-Stellvertreter Schmid spielen den zum Teil heftigen Streit in der Koalition um Stuttgart 21 herunter. Die Stimmung im Ländle sei gut, wenn es auch ein paar Mal "ordentlich gekracht" habe.
Trotz des Dauerstreits um Stuttgart 21 sich sieht die grün-rote Regierung von Baden-Württemberg auf der Erfolgsspur. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in einer 100-Tage-Bilanz, er nehme "im Land eine wirklich gute Stimmung wahr". Allerdings räumte Kretschmann auch ein, dass der Start seiner Koalition durch das Gezerre um das Milliarden-Vorhaben überschattet war. "Es hat schon ein paar Mal ordentlich gekracht."
"Die Leute nehmen die Politik des Gehörtwerdens sehr ernst", sagte Kretschmann. Daran könne auch der Konflikt um das Milliardenprojekt nichts ändern. Über die geplante Volksabstimmung sagte er: "Wie das auch immer ausgehen mag, die Bürgergesellschaft hat dadurch schon gewonnen." Es gilt wegen der hohen Hürden aber als unwahrscheinlich, dass Stuttgart 21 bei dem Plebiszit zu Fall gebracht wird.
Mit Tischtuch und Blumen
Kretschmann trat zusammen mit Landesfinanzminister Nils Schmid im Garten der Villa Reitzenstein, dem Sitz des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, vor die Presse. Beide gaben sich demonstrativ locker: Kretschmann trug ein kurzärmeliges Hemd mit Krawatte, Schmid verzichtete auf den Schlips. Auf dem Tisch vor ihnen waren Tischtuch und Blumen drapiert.
Kretschmann und Schmid warnten die Bahn davor, bei Stuttgart 21 Fakten zu schaffen und neue Proteste zu provozieren. "Entscheidend wird sein, ob die Bahn Einsicht zeigt", sagte der Grüne. Bis zum Referendum Ende November oder Anfang Dezember müsse es einen Baustopp geben. Der Südflügel des bestehenden Hauptbahnhofs dürfe auf keinen Fall abgerissen werden.
"Das gilt auch für Fraktionschefs"
Kretschmann erinnerte Grüne und SPD daran, dass ihr Umgang miteinander vor dem Referendum als stilbildend angesehen werde. "Das gilt selbstverständlich auch für Fraktionsvorsitzende", sagte er mit Blick auf Claus Schmiedel von der SPD, der ein vehementer Befürworter des Untergrundbahnhofs ist und für das eine oder andere "Krachen" in der Koalition die Verantwortung trägt. Schmid sagte, ein Erfolgsgeheimnis der Regierung sei, dass sie unterschiedliche Meinungen in der Sache akzeptiere.
Zugleich sehnt der SPD-Chef ein Ende der Debatte über den Tiefbahnhof herbei, um sich endlich dem Umbau des Landes zu widmen. "Wenn Stuttgart 21 entschieden ist, haben wir mehr Luft und Freiheit, dies besser zu tun." Die Koalition habe "so viel vor, dass fünf Jahre gar nicht reichen werden".
Der Regierungschef versicherte, Grün-Rot werde die Energiewende vorantreiben, auch wenn es etwa Widerstände gegen Windräder gebe. Bis 2020 solle zehn Prozent des Stroms aus Windkraft kommen. Zudem will er den bisherigen Atomkonzern EnBW, an dem das Land 46,5 Prozent hält, neu aufstellen. "Wir müssen aus der EnBW ein neues Unternehmen machen."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP