Politik

Waffenstillstand und Freilassungen Birma lenkt weiter ein

Hochrangige Vertreter der Karen treffen sich mit Regierungsvertretern.

Hochrangige Vertreter der Karen treffen sich mit Regierungsvertretern.

(Foto: dpa)

In der langjährigen Militärdiktatur Birma geht vieles plötzlich ganz schnell. Die neue Regierung will den Dauerkonflikt mit den Karen-Rebellen friedlich beenden. Außerdem sollen über 600 Häftlinge freikommen. Oppositionsführerin Suu Kyi sieht ihr Land inzwischen "am Rande des Durchbruchs zur Demokratie".

Die seit einigen Monaten in Birma regierende zivile Regierung unternimmt weitere Schritte zur nationalen Aussöhnung. Nach mehr als einem halben Jahrhundert schloss sie einen Waffenstillstand mit der wichtigsten Rebellengruppe der ethnischen Minderheit der Karen. Eine Delegation der Regierung und Vertreter der Karen National Union (KNU) unterzeichneten ein entsprechendes Dokument in Hpa-An, der Hauptstadt des Staates Karen.

"Das Ziel dieses Treffens war nicht nur ein Waffenstillstand, sondern der Frieden. Wir werden weiter daran arbeiten", sagte der Minister für Einwanderungsfragen, Khin Yi. Präsident Thein Sein habe ihn angewiesen, den seit 63 Jahren andauernden Konflikt zu beenden, und "der KNU zu geben, was sie verlangte". Der Rebellensprecher David Htaw begrüßte den "guten Willen" der Regierung und sagte, das Abkommen "gründe auf Vertrauen". Der Konflikt zwischen den Karen und der Zentralregierung ist einer der ältesten Bürgerkriege der Welt.

Oppositionsführerin Suu Kyi fordert eine "vollständig demokratische Wahl".

Oppositionsführerin Suu Kyi fordert eine "vollständig demokratische Wahl".

(Foto: dpa)

Die Exilgruppe Karen Community Worldwide begrüßte das Abkommen, warf der Armee aber vor, ihre Angriffe fortzusetzen. Es bedürfe eines "politischen Dialogs" zur Lösung des Konflikts, erklärte die Gruppe. Die Friedensgespräche mit der KNU kamen unter Vermittlung von Hla Maung Shwe zustande, dem Gründer der regierungsunabhängigen Organisation Myanmar Egress. Im Dezember hatte die Organisation bereits einen Waffenstillstand mit der bedeutenden Rebellengruppe Armee des Staats Shan Süd vermittelt.

Seit der Unabhängigkeit Birmas im Jahr 1948 ist die Beziehung der ethnischen Minderheiten zur Zentralregierung von Konflikten geprägt. Mehrere bewaffnete Gruppen kämpfen seit Jahrzehnten für mehr Rechte. Rund ein Drittel der 50 Millionen Einwohner des südostasiatischen Landes gehört ethnischen Minderheiten an. Diese leben vor allem in den bergigen Grenzgebieten. Allein im Bundesstaat Karen wurden zehntausende Zivilisten durch die Kämpfe zur Flucht über die Grenze nach Thailand gezwungen. Anders als andere Rebellengruppen arrangierte sich die KNU nie mit der Jahrzehnte lang regierenden Militärjunta. Ihre Armee galt als brutal und kompromisslos. In zahlreichen Landesteilen kam es bis in die jüngste Zeit zu blutigen Zusammenstößen.

"Unsere Hauptforderung war, dass die Kämpfe in allen Gebieten ethnischer Minderheiten eingestellt werden", sagte die in Mae Sot in Thailand ansässige Generalsekretärin der KNU, Zipporah Sein. "Wir sind überrascht, dass sie dem zugestimmt haben." Allerdings habe die Zentralregierung dies nur unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verteidigungsministers getan.

Häftlinge kommen frei

Suu Kyi stand Jahre unter Hausarrest.

Suu Kyi stand Jahre unter Hausarrest.

(Foto: dpa)

Im Staatsfernsehen wurde zudem überraschend die Freilassung von 651 Gefangenen angekündigt, von denen viele politische Häftlinge sein sollen. Sie sollen am Freitag auf freien Fuß gesetzt werden, hieß es. "Ich hoffe, viele politische Gefangene unter ihnen zu sehen", sagte Nyan Wing, Sprecher der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Suu Kyi mit US-Außenministerin Hillary Clinton Anfang Dezember.

Suu Kyi mit US-Außenministerin Hillary Clinton Anfang Dezember.

(Foto: REUTERS)

Nach Schätzung der NLD sitzen im Land noch etwas weniger als 600 politische Häftlinge hinter Gittern. Eine andere Hilfsorganisation für politische Gefangene in Birma schätzt deren Zahl dagegen auf knapp 1500.

Suu Kyi lobt Fortschritte

 Suu Kyi sieht ihr Land inzwischen "am Rande des Durchbruchs zur Demokratie". Sie freue sich auf eine Zeit, in der Birma "die Grenzen seiner Demokratisierung ausweiten" werde, sagte Suu Kyi in einer bei einer Preisverleihung der Asia Society in New York veröffentlichten Videobotschaft. Mit Hilfe aus dem Ausland könne der schwierige Weg zur Demokratie weitergegangen werden.

Die 66-jährige Friedensnobelpreisträgerin will bei der für den 1. April geplanten Nachwahl zum Parlament in einem Wahlkreis bei Rangun antreten. Ein Berater der birmanischen Präsidentschaft hatte Suu Kyi für den Fall ihrer Wahl zur Abgeordneten am Wochenende überraschend ein "angemessenes" in Aussicht gestellt. Seit der Parlamentswahl im November 2010 hatte die Militärregierung in Birma eine vorsichtige Reform des politischen Systems eingeleitet. Direkt nach der Wahl ließ sie Suu Kyi aus ihrem jahrelangen Hausarrest frei, bevor sie ihre Macht formell an die Zivilregierung unter Präsident Thein Sein abgab.

Im November 2010 hielt die Militärregierung erstmals seit zwei Jahrzehnten wieder Parlamentswahlen in dem international isolierten Land ab. Zwar wurden die Wahlen von der Opposition boykottiert und weithin als unfrei kritisiert, doch die neue zivile Regierung unter Präsident Thein Sein, einem ehemaligen General, überraschte Beobachter seither mit einer Reihe von Reformen. Teil der Reformbemühungen sind die Aufnahme von Friedensgesprächen mit den diversen ethnischen Rebellengruppen.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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