Gleichstellung der Homo-Ehe Bleibt Schäuble hart?
11.08.2012, 12:27 Uhr
SPD, FDP, Grüne und Teile der CDU sind für die Gleichstellung - bleibt der Bundesfinanzminister bei seinem Nein?
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenn einem etwas am Herzen liegt, schreibt man einen Brief. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat das jetzt getan. Der Adressat: Wolfgang Schäuble. Die FDP-Politikerin fordert darin die Ausweitung des Ehegattensplittings auf homosexuelle Paare. Während die Front der Befürworter steigt, wächst der Druck auf den Finanzminister.

Leutheusser-Schnarrenberger drängt den Kollegen dazu, den Änderungsantrag schon vorzeitig zum Jahressteuergesetz 2013 einzubringen.
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Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dringt auf eine rasche steuerliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. In einem Brief an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schlug sie vor, eine entsprechende Gesetzesänderung durch das Jahressteuergesetz 2013 zu erreichen, wie ihr Sprecher sagte. In dem Brief appelliert die Ministerin demnach, nicht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Frage des Steuer-Splittings bei homosexuellen Partnerschaften zu warten, das 2013 erwartet wird.
Die Diskussion um die steuerliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften war wieder aufgeflammt, nachdem das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden hatte, Homo-Paare müssten bei der Grunderwerbsteuer Eheleuten gleichgestellt werden. Zuvor hatten 13 CDU-Bundestagsabgeordnete gefordert, homosexuelle Lebenspartnerschaften steuerlich der Ehe gleichzustellen.
30 Millionen Euro Mehrkosten
Das Ehegattensplitting begünstigt Familien mit nur einem Verdiener ebenso wie solche mit großen Einkommensunterschieden. Durch die gemeinsame Steuerveranlagung zahlt der Besserverdiener - in der Regel der Mann - einen geringeren Anteil seines Einkommens an den Fiskus. Nach Angaben des Finanzministeriums beträgt die Steuerersparnis für Ehegatten mit der Regelung knapp 20 Milliarden Euro. In der Regierung gibt es keine Einigung: Die FDP will eine schnelle Regelung, Schäuble dagegen lehnt eine rasche Ausweitung des Ehegattensplittings auf homosexuelle Partnerschaften ab mit Verweis auf den verfassungsrechtlich verankerten Schutz von Ehe und Familie abgelehnt. Außerdem würde dies etwa 30 Millionen Euro kosten. Darauf verweist auch die CSU. Das Kanzleramt hat sich bislang nicht eindeutig positioniert.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, erklärte, die Grünen würden "auf jeden Fall einen Änderungsantrag" zum Jahressteuergesetz 2013 einbringen, der die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft im Steuerrecht verlange, sollte Schäuble "weiter auf stur" schalten. Der Bundesrat hatte demnach im Juni mit Mehrheit die Aufnahme dieses Punktes im Jahressteuergesetz 2013 gefordert. Sollte die FDP sich nicht durchsetzen können, "müssen Opposition und Bundesrat das Heft des Handelns in die Hand nehmen", erklärte Beck. Auch die SPD unterstützt eine steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe.
17 Prozent gegen Gleichstellung
Vor allem in der Union ist das Thema jedoch umstritten. Nordrhein-Westfalens CDU-Chef Armin Laschet spricht sich für ein "Familiensplitting" aus. "Fördern sollte der Staat Familien mit Kindern", sagte er der "WAZ". "Wieso sollte ein schwules oder lesbisches Paar vom Steuersplitting profitieren, während eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Kind nicht vom Splitting, sondern lediglich vom Freibetrag profitiert", erläuterte der CDU-Politiker. "Statt jetzt in einem politischen Schnellschuss gleichgeschlechtliche Paare zu fördern, sollten wir alle steuerlichen Förderungen auf den Prüfstand stellen und endlich Familien mit Kindern angemessen fördern."
Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Volker Bouffier sieht keinen Handlungsbedarf für eine steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe. "Für die aktuelle Äußerung der Abgeordneten sehe ich keine zwingende Notwendigkeit. Es gibt auch keinen sachlichen Handlungsbedarf, da wir unberechtigte Ungleichbehandlungen von Ehe und eingetragener Partnerschaft beseitigt haben", sagte der hessische Ministerpräsident der "Fuldaer Zeitung". "Der besondere Schutz von Ehe und Familie ist ein Kernstück unserer Gesellschaft, aber auch ein Kernstück der Union, und daran will ich nicht rütteln lassen", betonte Bouffier zudem im Interview mit dem Fernsehsender Sat.1.
Die Mehrheit der Bürger befürwortet nach einer Umfrage die steuerliche Gleichstellung eingetragener homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe. 80 Prozent seien dafür, dass das Ehegattensplitting auch auf verheiratete schwule und lesbische Paare angewendet wird, berichtete der "Focus". 17 Prozent lehnten dies ab. Am höchsten ist die Zustimmung unter den Anhängern der Grünen (85 Prozent) und der SPD (83), gefolgt von FDP (76) und Linken (74). Selbst Anhänger der Unionsparteien sind ganz überwiegend dafür (71 Prozent).
Quelle: ntv.de, cro/dpa/AFP/rts