Heimatort entführter Mädchen fällt Boko Haram erobert Stadt in Nordnigeria
15.11.2014, 00:13 Uhr
Die Aufnahme zeigt einen Teil der im April aus Chibok entführten Mädchen, die nach Angaben der Boko Haram mittlerweile zum Islam konvertiert sind.
(Foto: AP)
Im April entführen die Terroristen von Boko Haram die Töchter dutzender Familien in der Stadt Chibok. Jetzt gelingt den Islamisten auch die Eroberung des ganzen Ortes. Im Norden Nigerias festigt die Gruppe so ihren Stand - und bedroht auch die Millionenstadt Kano.
Die Terrorgruppe Boko Haram hat im Norden Nigerias erneut Gebietsgewinne erzielt. Augenzeugen zufolge eroberten die islamistischen Kämpfer die Stadt Chibok im Bundesstaat Borno. Aus Chibok hatte die Gruppe im April 280 Schülerinnen entführt, von denen mehr als 200 bis heute verschwunden sind.

Die Entführung der Mädchen löste in Nigeria und weltweit eine Welle der Anteilnahme aus.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Chibok wurde von Boko Haram eingenommen", sagte der christliche Geistliche Enoch Mark, dessen Tochter und Nichte zu den seit April vermissten Schülerinnen gehören. Die Islamisten hätten die mehrheitlich christlich geprägte Stadt am Donnerstagnachmittag angegriffen, alle Telefonmasten zerstört und die Einwohner in die Flucht getrieben, berichtete der Senator der Region, Ali Ndume.
Deshalb habe es einige Zeit gedauert, bis die Nachricht von der Einnahme der Stadt mit rund 66.000 Einwohnern durchgedrungen sei. Wie es in Chibok nach der Eroberung durch die Boko-Haram-Kämpfer aussehe, könne niemand sagen.
Selbstmordanschlag in Millionenstadt Kano
Des Weiteren kamen bei einem Anschlag in der nordnigerianischen Millionenstadt Kano sechs Menschen ums Leben, fünf weitere wurden verletzt. Die Polizei vermutet, dass Boko Haram auch hinter diesem Angriff steckt. Dabei hatte ein Selbstmordattentäter seinen Wagen am Freitag auf das Gelände der Tankanlage gesteuert und in die Luft gesprengt, sagte ein Polizeisprecher.
Boko Haram hatte in den vergangenen Monaten zahlreiche Dörfer und Städte in den Bundesstaaten Adamawa, Yobe und Borno eingenommen. Vor ihrem Angriff auf Chibok eroberten hunderte Kämpfer am Donnerstag bereits zwei Dörfer im benachbarten Bundesstaat Adamawa und stehen damit hundert Kilometer vor dessen Hauptstadt Yola.
Mit Unterstützung örtlicher Milizen vertrieb die nigerianische Armee dagegen nach Regierungsangaben die Islamisten aus der dortigen Wirtschaftsmetropole Mubi. Boko Haram hatte die Stadt vor zwei Wochen erobert und sie in Madinatul Islam ("Stadt des Islams") umbenannt.
Schülerinnen "zu Islam übergetreten"
Boko Haram, was übersetzt in etwa heißt "westliche Bildung ist Sünde", kämpft seit Jahren mit Gewalt für einen islamischen Staat im armen und mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Zuletzt erreichten die Kämpfe auch den äußersten Norden des Nachbarstaates Kamerun. Seit 2009 tötete die Gruppe bei Anschlägen und Angriffen auf Polizei, Armee, Kirchen und Schulen mehr als 10.000 Menschen.
Weltweit Schlagzeilen machten die Islamisten im April mit der Entführung der Schülerinnen aus Chibok. Ein Teil der Mädchen konnte später fliehen, 219 Mädchen blieben jedoch in der Gewalt von Boko Haram. In einer Video-Botschaft Anfang November behauptete deren Führer Abubakar Shekau, alle verschleppten Mädchen seien verheiratet und zum Islam übergetreten.
Quelle: ntv.de, bwe/AFP