Bericht zur Ministeriumsverteilung Bonn-Berlin-Pendelei erschwert Arbeit
11.10.2016, 15:41 Uhr
Barbara Hendricks ist Beauftragte des Bundes für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Fortsetzung des Dilemmas um den Bonn-Berlin-Umzug. Ein neuer Bericht bestätigt: Die Teilung bedeutet einen enormen Mehraufwand. Bundesbeauftragte Hendricks fordert bessere Steuerung. Doch das Problem könnte sich bald von ganz allein erledigen.
Dienstag, 10.50 Uhr, Bonn: Bundesbauministerin Barbara Hendricks muss weg. Gerade hat sie in einer Pressekonferenz über die Aufteilung der Bundesministerien zwischen Bonn und Berlin referiert. Jetzt muss sie weiter - nach Berlin. Zweite Pressekonferenz, selbes Thema, rund 480 Kilometer Luftlinie. Schöner hätte die Beauftragte der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich Deutschlands Hauptstadt-Dilemma kaum illustrieren können.
Der Bericht, den die SPD-Ministerin erst in der Bundesstadt (Bonn), dann in der Bundeshauptstadt (Berlin) vorstellt, untermalt dieses Dilemma mit reichlich Zahlen. Das Ergebnis in drei Sätzen: Die Aufteilung der Ministerien in zwei Dienstsitze erschwert die Arbeit. Der Region Bonn geht es trotz Abwanderung der Regierung gut. Aber der Trend nach Berlin könnte sich eher verstärken als abschwächen.
Ein paar Eckdaten: Es gibt unter den Bundesministerien acht Berlin-Ressorts mit erstem Dienstsitz an der Spree und sechs Bonn-Ressorts mit erstem Dienstsitz am Rhein. Zwei Dienstsitze haben sie alle. Ende 2015 arbeiteten von knapp 20.000 in diesen Ressorts Beschäftigten etwa 64 Prozent in Berlin, 35 Prozent in Bonn. Der Bericht bescheinigt Berlin eine "Sogwirkung". Eine deutliche Mehrheit der befragten Abteilungs- und Unterabteilungsleiter in Bonn und Berlin findet, dass die Teilung einen höheren Arbeitsaufwand bedeutet.
Bonner wollen die doppelte Hauptstadt
Was die Arbeitsergebnisse selbst angeht, sehen die Bonner keinen Nachteil in der Teilung, die Berliner schon. Im Jahr 2015 gab es rund 20.700 "teilungsbedingte" Dienstreisen zwischen Berlin und Bonn. Mehr als 100 Beschäftigte reisten im vergangenen Jahr mehr als 20 Mal hin und her.
Um es nicht unnötig spannend zu machen: Der Berichtsentwurf, der seit Montag in der Ressortabstimmung ist, enthält keine Handlungsempfehlung. "Längerfristig besteht das Ziel darin, die ungesteuerte Entwicklung der vergangenen Jahre in einen gesteuerten Prozess zu überführen." Das kann alles heißen. Klar ist für Hendricks aber eins: "Bei ungesteuertem Fortlauf der Entwicklung wird sich die Verlagerung von Ministeriumsarbeitsplätzen verschärfen."
Politiker in der Region Bonn treten vehement für die doppelte Hauptstadt ein. Der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan appellierte bereits an die Kanzlerin: "Bitte sorgen Sie dafür, dass weitere Umzugsdebatten gestoppt werden und das Berlin-Bonn-Gesetz nicht weiter ausgehöhlt wird." Auf Sridharans Einladung hin entstand im Juli auch ein Positionspapier der 320.000-Einwohner-Stadt und der nahen Landkreise. Die Forderung darin: Alle Ministerien, die noch ihren Erstdienstsitz am Rhein haben, müssen diesen auch behalten. Die Kosten stünden in einem "rentablen Verhältnis zu der effizient entwickelten Funktionalität und erheblich höheren Kosten, die für einen Komplettumzug nach Berlin aufgebracht werden müssten".
Rente als Lösung
Hendricks (Wahlkreis: Kleve in Nordrhein-Westfalen) besteht darauf, sie habe nie den Komplettumzug gefordert und tue das weiterhin nicht. Einige Medien hatten sie so verstanden, als sie vergangenen Herbst sagte: "So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben." Nun sagt sie, dass es darum gehe, "Rationalität in die Debatte" zu kriegen. "Dass es hier oder da Vorstellungen gibt, die durch die Tatsachen nicht gedeckt sind, das ist nicht zu bestreiten." Dass ein Teilumzug manches komplizierter und teurer machen würde, wussten die Abgeordneten damals.
1994 bekam Bonn als Trostpflaster das Berlin/Bonn-Gesetz inklusive der Zusicherung, dass die Mehrheit der Arbeitsplätze in den Ministerien in Bonn bleiben soll. Das ist schon seit 2008 nicht mehr so. Die Bundesregierung hat sich allerdings auf die Teilung festgelegt - der Koalitionsvertrag hält am Berlin/Bonn-Gesetz fest. Vielleicht löst sich das Problem auch von selbst. Im Schnitt sind die Beschäftigten in Bonn älter als die Berliner. Im Fazit des Berichts heißt es: "Drei Viertel der gegenwärtig am Dienstort Bonn beschäftigten Mitarbeiter/-innen werden in den kommenden rund 20 Jahren in den Ruhestand gehen."
Quelle: ntv.de, Teresa Dapp und Jonas-Erik Schmidt, dpa