NPD-Verbotsverfahren Breite Skepsis im Bundestag
01.02.2013, 17:12 Uhr
In einem besteht Konsens: Die NPD ist verabscheuungswürdig und verfassungsfeindlich.
(Foto: dapd)
Im Bundestag gibt es massive Vorbehalte gegen eine Beteiligung des Parlaments an einem NPD-Verbotsverfahren. Nur die SPD plädiert geschlossen dafür, sich dem Verbotsverfahren des Bundesrats anzuschließen. Keinen Streit gibt es bei der Bewertung der NPD.
In einer intensiv und ernsthaft geführten Debatte haben die Abgeordneten des Bundestags diskutiert, ob sich das Parlament dem NPD-Verbotsantrag des Bundesrats anschließen soll. Redner der SPD warben für das Verbotsverfahren, Abgeordnete aller übrigen Parteien nannten neben Argumenten dafür auch Bedenken und plädierten für eine ausführliche Prüfung.
Parteiübergreifend machten alle Redner deutlich, dass sie die NPD für eine verabscheuungswürdige und verfassungsfeindliche Partei halten. Auf Antrag der SPD beschloss der Bundestag, dass der Innen- und der Rechtsausschuss die vorhandene Materialsammlung zur NPD prüfen sollen.
Der Bundesrat hatte sich Mitte Dezember mit großer Mehrheit für ein neues Verbotsverfahren ausgesprochen. Ein erstes Verfahren gegen die NPD war 2003 gescheitert - vor allem am verbreiteten Einsatz von V-Leuten auch in NPD-Führungspositionen.
"Nie waren die Chancen so gut wie heute"
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, rief zu einer klaren Entscheidung auf: "Ich bin sicher, dass der Bundestag in dieser Frage eine Haltung annehmen muss." Er betonte, dass die Politik heute besser vorbereitet sei als im Jahr 2003. Der Erfolg eines Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht sei zwar nicht zu garantieren, "aber noch nie waren die Chancen für ein NPD-Verbot so gut wie heute".

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Hans-Peter Friedrich verfolgten die Debatte, ergriffen jedoch selbst nicht das Wort.
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Der Bundesregierung warf Oppermann vor, sich vor einer "klaren Haltung" in der Frage zu drücken. Die zuständigen Minister für Inneres und Justiz, Hans-Peter Friedrich (CSU) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), haben beide erhebliche Vorbehalte gegen das Verbotsverfahren. Die Bundesregierung will im März ihre Haltung festlegen. Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger verfolgten die eineinhalbstündige Debatte im Bundestag, ergriffen aber selber nicht das Wort.
"Verfassungswidrigkeit reicht nicht aus"
Der Vorsitzende des Innenausschusses, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, sah im Gegensatz zur SPD weniger das Parlament als vielmehr die Bundesregierung in Zugzwang. Nur diese verfüge über die entscheidenden Informationen. Zugleich warnte er vor der Gefahr eines Scheiterns vor Gericht sowie vor zu großen Erwartungen an ein NPD-Verbot.
Bosbach erklärte, er sehe die Chancen eines Verbotsantrags "sehr skeptisch". Der bloße Nachweis der Verfassungswidrigkeit der rechtsextremen Partei reiche für ein Verbot nicht aus. Es müsse auch nachgewiesen werden, dass die NPD die Demokratie aktiv bekämpfe. Eine neue Blamage in Karlsruhe wie vor zehn Jahren könne sich der Staat nicht leisten.
Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff warf der SPD vor, sich mit dem Thema profilieren zu wollen. Auch er warnte, dass selbst mit einem Erfolg vor Gericht gegen die NPD womöglich nur die "Hülle" beseitigt werde, das eigentliche Problem des Rechtsextremismus aber weiterbestehe. "Gesinnung kann ich nicht verbieten."
Angst vor dem Europäischen Gerichtshof
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, zeigte sich besorgt, dass ein Verbotsantrag scheitern könne. Unsicher sei bereits, ob das vorliegende Material gegen die Rechtsextremisten die Hürde in Karlsruhe nehmen werde. Es sei völlig unklar, welche Erkenntnisse von V-Leuten in diese Sammlung eingeflossen seien.
Nach Ansicht Becks ist auch zweifelhaft, ob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Verbot nachträglich billigen würde. Nach Aussage von Experten knüpft das europäische Gericht Parteienverbote an die Vorgabe, dass von den betroffenen Parteien eine Gefahr ausgehe.
Die Linke zeigte sich grundsätzlich offen für ein Verbotsverfahren. Ihre Rechtsextremismus-Expertin Petra Pau verwies aber auch auf juristische und politische Hürden und verlangte die Beendigung des Einsatzes von V-Leuten.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa