Rechte Parteien streiten über Mitschuld Breivik hatte angeblich Helfer
04.08.2011, 12:49 Uhr
Weinende Angehörige bei der Beerdigung eines der 77 Opfer in Norwegen.
(Foto: REUTERS)
Im Fall vom Massaker in Norwegen soll Attentäter Breivik Helfer gehabt haben, die ihm zumindest Teile des Sprengstoffs beschafft haben. Mehr verrät der Angeklagte allerdings nicht. In den skandinavischen Ländern streitet die politische Rechte über eine Mitschuld an den Anschlägen.
Der Attentäter von Norwegen hat die Materialien für seine Anschläge nach Angaben seines Anwalts größtenteils im Ausland gekauft und dazu rund 20 Länder bereist. Anders Behring Breivik gebe an, das für die Anschläge benötigte Material bei seinen Reisen erworben zu haben, sagte Anwalt Geir Lippestad der Zeitung "Verdens Gang". "Er sagt, dass ihm mehrere Personen geholfen haben, sich das Material zu beschaffen", sagte der Anwalt. Sein Mandant wolle aber keine weiteren Angaben zu möglichen Kontaktpersonen machen oder ob sie Breiviks politische Ansichten teilten und sogar über dessen Pläne informiert waren.
Breivik werde den Ermittlern zu diesen Fragen keine weiteren Antworten geben, solange seine "extravaganten Forderungen bezüglich einer Revolution in der Gesellschaft" nicht erfüllt würden, sagte Lippestad. Medienberichten zufolge hatte Breivik bei seiner zweiten Befragung am vergangenen Freitag unter anderem den Rücktritt der Regierung und die Abdankung des Königs gefordert.
Breivik hat gestanden, am 22. Juli auf der Insel Utöya nahe der norwegischen Hauptstadt 69 überwiegend jugendliche Teilnehmer eines Sommerlagers der regierenden Arbeiterpartei erschossen zu haben. Er bekannte sich auch zu dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel, bei dem kurz zuvor acht Menschen getötet worden waren. Er beschreibt sich selbst als Einzeltäter, was die Ermittler bislang ebenfalls für wahrscheinlich halten.
Vergleich mit Antisemitismus
Nach dem Attentat streiten die Skandinavier zunehmend heftig über die mögliche Mitverantwortung an den Terroranschlägen. Die Vorsitzende der norwegischen Konservativen und Ex-Kommunalministerin Erna Solberg sagte in der Osloer Zeitung "VG": "Die Art, in der extreme antiislamische Gruppen heute über Muslime sprechen, gleicht der Art, in der extreme antisemitische Gruppen in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg über Juden gesprochen haben."

Norwegens Rechtspolitikerin Siv Jensen möchte ihre Wortwahl nach dem Massaker ändern.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
In Dänemark löste die der rechtspopulistischen DVP nahestehende Pastorin und Journalistin Sørine Gotfredsen eine heftige Debatte mit Vorwürfen in der anderen Richtung aus. Sie stufte in "Berlingske Tidende" die Tötung von 77 Menschen durch den Islamhasser Breivik als Konsequenz einer multikulturell orientierten, liberalen Zuwanderungspolitik ein, die Proteste ignoriere: "Als Breivik das politische System aufgegeben hatte, entschied er sich dafür, zu handfesteren Mitteln zu greifen. Ihm werden wahrscheinlich andere folgen, die dasselbe Gefühl haben, von Gesetzgebern umgeben zu sein, die auf jedes Problem mit noch mehr Gerede über Offenheit reagieren."
Norwegens Rechts nachdenklich
Die Chefin der seit zehn Jahren zum dänischen Regierungslager gehörenden DVP, Pia Kjærsgaard, nannte Gotfredsen in der Zeitung "Politiken" "tüchtig und eine gute Kommunikatorin". In dieser Sache allerdings sei "zu weit gegangen". Kjærsgaard hatte in den voraufgegangenen Tagen mehrfach erklärt, ihre Partei werde Inhalt und Wortwahl bei der Kritik an Zuwanderung aus islamischen Ländern in der Folge der Anschläge durch Breivik nicht ändern.
Sprecher der rechtspopulistischen Fortschrittspartei in Norwegen und der Schwedendemokraten in Stockholm hatten dagegen Konsequenzen aus den Anschlägen am 22. Juli im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya angekündigt. Die Chefin der Fortschrittspartei, Siv Jensen, meinte mehrfach: "Ich kann nicht mehr dieselben Worte wie vorher benutzen."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP