EU-Kommission legt Korruptionsbericht vor Brüssel bemängelt die Methode Pofalla
03.02.2014, 12:42 Uhr
Seit Gerüchte über einen Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn aufkamen, steht der frühere Kanzleramtschef Pofalla in der Kritik.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vom Minister zum Manager - bisher war das in Deutschland zumindest rechtlich kein Problem. Politiker konnten ohne Zögern aus ihrem Amt in die Wirtschaft wechseln. Die EU-Kommission fordert nun höhere Hürden. Und fehlende Karenzzeiten sind nicht der einzige Kritikpunkt.
Insgesamt schneidet Deutschland im ersten Korruptionsbekämpfungsbericht der EU-Kommission gut ab. Doch vor allem in zwei Punkten gibt es Kritik: Brüssel hält die Hürden für Wechsel von Politikern in die Wirtschaft für zu niedrig und fordert Reformen. Zudem kritisiert die Kommission, dass es keinen ausreichenden Straftatbestand für die Bestechung von Abgeordneten gibt.
Gleich mehrere Wechsel von der Politik in die Wirtschaft haben in den vergangenen Monaten für Debatten gesorgt. Der frühere Staatsminister Eckart von Klaeden ging zum Autohersteller Daimler. Der frühere Kanzleramtsminister Roland Pofalla wollte in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln. Mit Gegenmaßnahmen hält sich die Politik trotzdem zurück. Union und SPD einigten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf, "eine angemessene Regelung" für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Staatssekretäre und politische Beamte zu finden. Mittlerweile stellte sich allerdings heraus, dass damit lediglich eine Selbstverpflichtung der Politiker gemeint ist, kein neues Gesetz.
Der EU-Kommission dürfte das kaum reichen. Es liegt nahe, dass sie die Regelungen in Deutschland an den eigenen Maßstäben misst. Ausscheidende EU-Kommissare dürfen erst nach einer Karenzzeit von 18 Monaten in die Wirtschaft wechseln.
Für Missmut sorgt auch der Umstand, dass Abgeordnete kaum strafrechtliche Konsequenzen fürchten müssen, wenn sie sich bestechen lassen. Im Sinne des Paragrafen 108e StGB ist nur der Kauf und Verkauf von Stimmen verboten. Besticht jemand einen Abgeordneten, um eine Gesetzesänderung anzustoßen, ist das keine Straftat. Schwarz-Rot kündigte zwar an, die Abgeordnetenbestechung neu zu regeln. Das Thema ist allerdings nicht neu. Bisher verebbten alle Initiativen.
Deutschland erbringt beständig Bestleistungen
Insgesamt spielt Korruption in Deutschland jedoch kaum eine Rolle. Im Korruptionsbekämpfungsbericht heißt es: "Deutschland belegt, was die Korruptionsbekämpfung anbelangt, international einen der oberen Ränge und wird als eines der Länder wahrgenommen, die beständig Bestleistungen erbringen."
Die Kommission lobt, dass die Bundesrepublik in Präventivprogramme investiert, dass es in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen Ombudsmänner gibt und dass es in etlichen Bundesländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften gibt. Hinzu kommen umfangreiche Korruptionsstatistiken unter anderem durch das Bundeskriminalamt. Dieser positive Blick deckt sich zudem weitgehend mit dem Bild, das auch die Deutschen von sich haben. 92 Prozent der Befragten aus der Bundesrepublik gaben in einer Umfrage für den EU-Bericht an, persönlich nicht von Korruption betroffen zu sein. Ein Wert, mit dem Deutschland einen Spitzenplatz einnimmt. Im EU-Durchschnitt liegt er bei 70 Prozent. Ähnlich sieht es bei der Frage aus, ob Korruption unabhängig von persönlichen Erfahrungen in Deutschland weit verbreitet sei. Nur 59 Prozent der Befragten antworteten hier mit ja. Der EU-Durchschnitt liegt bei 76 Prozent. Allein in den skandinavischen Ländern ist die Lage deutlich besser. Nur dort sagte die Mehrzahl der Bürger, dass Korruption rar sei. Besonders schlecht ist die Situation dagegen in den EU-Krisenstaaten. In Griechenland zeigen sich 99 Prozent der Bürger davon überzeugt, dass Korruption weit verbreitet ist, in Italien 97 und in Spanien 95 Prozent.
Nächster Bericht folgt in zwei Jahren
Ein offizielles Länder-Ranking konnte die EU-Kommission nicht in ihren Bericht einbauen. Die Daten und Regelungen in den 28 Mitgliedsstaaten sind noch zu verschieden, um sie direkt miteinander zu vergleichen. Grundsätzlich für alle Länder gilt laut Cecillia Malmström, EU-Kommissarin für Innenpolitik, aber: "Die Mitgliedstaaten haben in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung unternommen. Der heute veröffentlichte Bericht zeigt jedoch, dass dies bei weitem nicht ausreicht."
Die EU-Kommission hat zum ersten Mal einen Korruptionsbekämpfungsbericht vorgelegt. Er soll vor allem den Einsatz der Politik stimulieren, mehr gegen Bestechlichkeit und Machtmissbrauch zu tun. Der nächste Bericht soll in zwei Jahren erscheinen.
Quelle: ntv.de