Das Bibbern vor der Basis Bütikofer hofft auf Signal
22.11.2007, 06:43 UhrZwei Monate nach dem Debakel von Göttingen geht der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer mit demonstrativem Optimismus in die Auseinandersetzungen des anstehenden Parteitags in Nürnberg. "Diesmal haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, ich denke schon, dass von Nürnberg ein anderes Signal ausgeht", sagte Bütikofer der Deutschen Presse-Agentur. In Göttingen hatte die Basis in der Afghanistanpolitik mehrheitlich gegen den realpolitischen Kurs der Spitze votiert. Anders als damals zeigt die Führungscrew hinsichtlich der nun geplanten sozialpolitischen Kursbestimmung mehr Geschlossenheit.
Bütikofer sagte, er wünsche sich ein Signal von Nürnberg: "Die Grünen machen sich die Mühe zu buchstabieren, was getan werden muss und getan werden kann, um die inzwischen bis in die Mittelschicht hineinreichende soziale Verunsicherung wirksam zu kontern." Die Partei stehe weiter zu zentralen Punkten der Reform-"Agenda 2010" wie der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Es seien aber "wesentliche Elemente reingekommen, die falsch sind".
Der Parteichef verwahrte sich gegen parteiinterne Vorwürfe, der Linie der Führung hin zu einer Grundsicherung fehle es an visionärer Kraft: "Da geht es nicht um einzelne Schräubchen. Da geht es um eine neue Perspektive." Der Vorstand tritt dafür ein, den Hartz-IV-Satz mit insgesamt knapp 10 Milliarden Euro jährlich auf 420 Euro und bis zu 350 Euro bei Kindern zu erhöhen. Die "Priorität" sei allerdings, dass mit weiteren rund 50 Milliarden Euro Schulen, Kinderbetreuung, Universitäten und andere "öffentliche Güter" gestärkt werden sollen, sagte Bütikofer.
Parteispitze lehnt Grundeinkommen ab
Eine starke Gegenströmung in der Partei will ein Grundeinkommen ohne Bedarfsprüfung für alle. Für Langzeitarbeitslose ergäben sich kaum Unterschiede zur Grundsicherung, erläuterte der Grünen-Chef. "Der entscheidende Punkt ist, dass das Grundeinkommensmodell teuer wird durch Transferleistungen oberhalb des Hartz-Niveaus."
Angesichts der zu erwartenden Verteilungskämpfe zur Finanzierung einer neuen Sozialpolitik müsse sich die Partei aber "auf die Armutsbekämpfung konzentrieren und daneben stark in die Infrastruktur investieren", mahnte Bütikofer. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Grünen zur Erreichung dieser Ziele am Ende auch Zuspruch für höhere Steuern auf Erbschaften und hohe Vermögen bekommen könnten.
Zuvor hatte Bütikofer bereits erklärt, dass er sich eine erneute Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten vorstellen könne. "Die Option einer Kooperation mit der SPD ist realistischer als die mit der Union", sagte Parteichef Reinhard Bütikofer in Berlin. Grundsätzlich hielten die Grünen aber an ihrem Kurs der Eigenständigkeit fest.
Quelle: ntv.de