Politik

Atomkraftgegner skeptisch Bund mottet Gorleben vorerst ein

Gorleben wird wohl eine "Forschungslabor-Landschaft".

Gorleben wird wohl eine "Forschungslabor-Landschaft".

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung verabschiedet sich offenbar vorerst von der weiteren Erkundung des Salzstocks Gorleben als Atomendlager. Berichten zufolge ist dort nur noch ein Offenhaltungsbetrieb geplant. Erkundungen soll es nur noch geben, um den Salzstock mit anderen möglichen Endlager-Standorten zu vergleichen.

Atomausstieg und Energiewende machen es möglich: Die Erkundungen im Salzstock Gorleben werden noch in diesem Jahr eingestellt. Die Bundesregierung nehme Abstand von dem Projekt Atommüllendlager in Gorleben, meldet die "Süddeutsche Zeitung". Vorausgegangen sei ein Einigungsvorschlag, den die Bundesregierung inoffiziell den Ländern unterbreitet habe.

Bei Instandhaltungsarbeiten im Erkundungsbergwerk in Gorleben.

Bei Instandhaltungsarbeiten im Erkundungsbergwerk in Gorleben.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Nach dem Einstellen der Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben findet ein Offenhaltungsbetrieb ohne weitere Erkundungen statt", zitiert die SZ aus dem internen Einigungsvorschlag für die Beratungen zwischen Bund und Ländern. In Gorleben soll nur wieder erkundet werden, falls das nötig wird, um den Salzstock mit anderen Standorten zu vergleichen. Die Erkundung dürfte auf Jahre hinaus ruhen. Allerdings soll ein "Forschungslaborbetrieb" möglich sein.

Damit kommt möglicherweise Bewegung in die Debatte über ein "Standortauswahlgesetz". Seit vier Monaten beraten Bund und Länder über ein solches Gesetz, das nach drei Jahrzehnten Streit erstmals ein geordnetes Verfahren für die Suche nach einem Atommüll-Endlager eröffnen soll. Zuletzt waren die Gespräche ins Stocken geraten. Ursprünglich hatten die Minister aus Bund und Ländern eine endgültige Einigung für März angepeilt. Doch das geplante Treffen zwischen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der Opposition kam nicht zustande. Es gibt weiterhin Differenzen über die Ausgestaltung des Gesetzes nicht aber über den Vorgang selbst. Offiziell ist der Vorschlag auch noch nicht in die Verhandlungen eingebracht.

"Typisch Röttgen"

Atomkraftgegner reagierten allerdings skeptisch. "Typisch Norbert Röttgen", sagte der Sprecher der Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt, Jochen Stay. "Hört sich gut an, ist aber am Ende doch alles ganz anders." Stay geht davon aus, dass sich die Bundesregierung mit einem vorläufigen Erkundungsstopp nur Zeit erkaufe, "um den Standort Gorleben in einigen Jahren umso besser durchsetzen zu können". Denn Teil des Vorschlages sei auch, keinen weiteren Salzstock auf seine Eignung als Endlager zu untersuchen. "Damit steigt sogar die Wahrscheinlichkeit, dass zum Schluss trotz aller geologischen Fakten Gorleben doch zum Endlager  wird."

Der Bundesregierung gehe es darum, eine Studie abzuschließen, die das Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben habe. Durchgeführt werde diese Studie von Wissenschaftlern, "die für ihre unkritische Haltung für Gorleben bekannt sind und die in der Vergangenheit auch dem Endlager im Salzstock Asse Sicherheit attestiert haben", so Stay. "Sobald diese Studie vorliegt, wird der Druck steigen, in Gorleben weiterzubauen und die Suche nach Alternativen weiter einzuschränken."

NRW-Wahl bindet Röttgen

Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) mahnte derweil zur Eile. "Wir könnten jetzt einen 30 Jahre währenden Konflikt auflösen", sagte er der Zeitung. "Aber ich sehe die große Gefahr, dass wir die Chance verpassen." Birkner warnte, der Kompromiss drohe "den politischen Auseinandersetzungen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen zum Opfer zu fallen." Röttgen tritt dort als CDU-Spitzenkandidat an. Wenn jetzt keine Lösung gefunden werde, so Birkner, "ist zu befürchten, dass es auf Jahre keine gibt."

Auch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), die in den Gesprächen die Interessen der von SPD und Grünen geführten Länder koordiniert, forderte rasche Verhandlungen. "Wir müssen das ganz schnell eintüten, oder wir schaffen es gar nicht mehr", sagte sie. Für "Wahlkampf oder Farbenspiele" eigne sich das Thema nicht.

Bundesumweltminister Röttgen sagte: "Die Einigung zwischen Bund und Ländern ist in greifbarer Nähe". Sein Ziel sei es, bis zum Sommer ein Rahmengesetz zu beschließen. Ob der Einigungsvorschlag zu einem Konsens führen kann, blieb zunächst offen. Er stößt offenbar auf Vorbehalte.

Gorleben steht allein für "untertägige Erkundung"

Der Umgang mit Gorleben zählt zu den schwierigsten Fragen bei der Standortsuche überhaupt. Zumindest einem Teil der Befürchtungen wäre mit dem neuen Vorschlag der Boden entzogen. Allerdings sieht er am Ende des Verfahrens die "untertägige Erkundung" von "mindestens einem" Standort vor - was dann wieder allein auf Gorleben hinauslaufen könnte. Umstritten bleibt zudem die behördliche Struktur. Der Bund hält an einem weitgehend unabhängigen "Bundesinstitut für Endlagerung" fest, dessen Kompetenzen der Opposition aber zu weit gehen. Neu ist zudem der Vorschlag einer "Deutschen Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle", kurz Degra. Sie soll die Suche betreiben, als Privatfirma in Händen des Staates.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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